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[stamp on top left of page] M. Freytag Stuttgart
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[page 2]
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[page 3]
Tagebuch
Irmgard Lotze.
[page 4]
[page is blank]
[page 5]
Doerstag, 24. Februar 1944.
Mein 19. Geburstag. Morgens helfe ich
bei Schwenkels, deren Haus beim Luft=
�angriff von 20. auf 21. Febr. Schwer bescheidige,
würde. Nachmittags kom̄ t Papa u. wir
feiren Geburtstag. Werner ist auch da, er
hat 14 Tage Urlaub. Großmama Lotze kam
von Schwenkels zu uns herunter. In
der nach 5 Stunden lang Fliegeralarm.
Freitag, 25. Februar 1944.
Großmama Lotze fährt nach Ravensburg u.
ich begleite sie bis Ulm. In Stuttgart
mussen wir 1½ Stu. auf den Abgang des
Zuges warten. In Ulm ist Alarm, wir
müssen in den Keller. Dan̄ setze ich groß=
mama in der Zug u. fahre selber wie=
der nach Hause. Nachts wieder 5 Stunden
Alarm.
[page 6]
Samstag, 26. Februar 1944.
Morgens schlafen mir uns. Nachmittags
kom̄ t Papa von Lieblingen u. Abends Mamma
Von Straßburg, er hatte Onkel Herman̄ der
Besucht.
Son̄ tag, 27. Februar
Der ganzen Tag daheim. Ich schreibe
Briefe.
Montag, 28. Februar.
Mama, Werner u. ich gehen nach dem
Essen in den Film „der weiße Traum”.
Große Ausstattung. Dan̄ treffe ich mich
mit Rose Göhrum u. Brigitte Kleebaum
�im Kaffee dauer. Ich stau mich mehr
recht waren wieder mit den beiden. Als
ich heimraume ist Hans Armbruster da
u. halt sein Schi. Treuliche Nachricht: ich
muß noch nicht in die Schule u. fahre
deshalb am.
[page 7]
Dienstag, 29. Februar
Mit Werner für einen Tag mich hei=
denheim. Wir fahren 6.28 mit Schnellzug
ab u. sind mich 9 Uhr in Heidenheim. Zu=
erst gehen wir zu Tante [1 word illegible], vor wir
zu einem Frühstuck genötigt werden. Dan̄
in’s Altenheim zu Großmama. Große Freunde
u. mit Essen. Dan̄ wieder zu Tante [1 word illegible]
zum Kaffee. Tante Hans u. Hans Uli sind
auch da. Etwas steif. Nun kurzer Besuch
bei Tante Luise. Vor unser Abreise
um 6 Uhr müssen wir vorbei Tante [1 word illegible]
[1 word illegible] essen. Dan̄ werden wir von Hern
u. Hans Uli auf den Bahnhof begleitet u.
fahren über Ulm nach Hause. Daheim höre
ich, daß ich wieder in die Schule soll, die
Schuler sind wieder von Einsatz zu rück.
Mittwoch, 1. März.
Wegen Zugverspätung kom̄ e ich 1 Std. zu
spät im die Schule u halte nah 3½ Stunden.
Um ½ 3 Uhr wieder zu Hause.
[page 8]
�Don̄ erstag, 2. März.
In den fruhen Morgenstunden Luftangriff
auf Stuttgart. In der Stadt Riesenbrände:
Neues u. Altes Schloß, Theater, Kronprinzen=
palais, Starkgebäude usw. Unser Hans bleibt
bis auf wenige Scheiben unbeschädigt. Ich
fahre nach Leonberg in die Schule. Die letzte
Stunde fällt uns wegen Fliegeralarm.
Die Schule müssen wieder zum Einsatz, ich
habe Freitag frei.
Freitag, 3. März.
Nach dem Essen zu Frau Schmitt u. Onkel
Alfreds. Dan̄ machen wir einen kleinen
Spaziergang. Von der Höhe aus siehe man
in der Stadt noch nicht Brunde quelmen.
Abends arbeiten Werner u. ich am stollen=
bau in an Relenberstraße.
Samstag, 4. März.
In der Schule sind nur die Klassen 1 u. 2
u. die Mädchen vom 3 bis 5 da. Gemutlicher
[page 9]
Betrieb. Frau Schmitt u. ich kön̄ en schon mit
dem 1142-Zug heimfahren. Der Zugverkehr
ist jetzt wiedergerechelt. Nachmittags kom̄ t
Papa, wir sitzen lange um Kaffeetisch
u. schrätzen[?].
Montag, 6. März.
Morgens putzen. Daheim.
Dienstag, 7. März.
�Nur 1. Std. Schule, ich kan̄ 11.42 Uhr
heim fahren. Nachmittags mit Sibylle
Volkhant bei Rose Gähum, die Geburts=
tag hat. Lare Stumpft wollte auch sam=
men, sie ruft aber nur da. Ihre
Wohnung ist ganz ausgebran̄ t.
Mittwoch, 8. März.
Frl. Kupp ist da.
[page 10]
Don̄ erstag, 9. März.
Wegen Musterung füllt die Schule uns.
Vormittags Tante Clare da.
Freitag, 10. März.
Nachmittags kurzen Besuchern Wilfried.
Abends 9-11 Uhr im Stollen.
Samstag, 11. März.
Nachmittags kom̄ t Papa.
Son̄ tag 12. März
Die Elter fahren nach Heidenheim zu
Großmames Geburtstag. Ich bei allein
Schein u. recht es mir gemutlich.
Nach den Essen kleinen Spaziergang
mit Anne [1 word illegible]. Abends kom̄ en die
Eltern wieder, bringen halbeheften
kuchen mit.
Montag, 13. März.
Abends arbeite ich von 7-9 Uhr in Stollen.
[page 11]
Mittwoch, 15. März.
�Werner kom̄ t in Ausgang. Abends wieder
Angriff auf Stuttgart. Es breut oben in
der Seestraße. Koppentalstraße. Wasserstern
die Seestraße hin unter. Schuden: Bei
uns 1 Scheibe, Vaihingen, Schulstraße.
Don̄ erstag, 16 März.
Bahn fährt erst von Nordbahnhof ab. Ich
Treffe Han̄ a Roser u. fahre mit ihr auf
einem Lastwagen bis Feuerbach. Vor
dort nach Zuffenhausen, denn vollends bis
Leonberg. Nach 1 Std. Schule wieder Alarm.
Ich kam̄ n erst spit heim.
Freitag, 17. März.
Ich fahre mit der Straßenbahn bis Zuffen=
hausen u. vor da aus mit den Zug.
Samstag, 18. März.
Auf der Heimfahrt von Leonberg kom̄ t
Alarm. Wir sitzen 2 Stdn. im feuer=
bacher Tun̄ el!
[page 12]
Son̄ tag, 19. März.
Vormittags Versammlung da Stellengemein=
schaft. Nachmittags gehen die Eltern nach
Vaihingen, ich korrigieren Klassenarbeiten.
Montag, 20. März.
Mittags Alarm, abends oftentlich Luft=
warnung. Klassenarbeiten korrigieren.
Dienstag 21. März.
Mama in Eglosheim bei da Beerdigung
�von Tante Clares Mutter.
Mittwoch, 22. März.
Arbeiten korrigieren. Abends öffentliche
Luftwarnung.
Don̄ erstag, 23. März.
Nach 1 Std. Schule Fliegeralarm, noch
der Entwarnung konen nur wenige Schu=
ler wieder. Nachmittags kom̄ t Werner
in Ausgang. Ich arbeite mit Brigitte
u. Han̄ i Leins im Stollen. Öffentliche
- Luftwarnung.
[page 13]
Freitag, 24. März.
Nach 1 Std. Schule wieder öffentl. Luft=
warnung. Dies mal kom̄ en aber die Schuler
wieder. Mittags kom̄ t Papa kurz. Abends
mit Brigitte Kleebaur in Meisterkonzert.
Liederabend Marta Schilling. Schubert, Wolf,
schön.
Samstag, 25. März.
Ich filme bei der 1. Klasse. Große Be=
geisterung. Nachmittags kont Papa.
Ich kleb fotos ins Album.
Son̄ tag, 26. März.
Vormittags mit Papa in Vaihingen bei
Werner. Zerstörungen in U.! Nachmittags
mit Tante Martha u. Platten (Othello,
Mattheius passiern.)
Montag, 27. März
�Mama morgens beim Zahnarzt. Nachmit=
tags gehen wir geschwind in die Stadt.
Ich bekom̄ e bei Schaller ein schön Kunstmappe.
Abends im Stollen.
[page 14]
Dienstag, 28. März.
Mittags kom̄ t Werner in Ausgang. Wir
machen bei herrlichem Wetter einen Spa=
ziergang.
Mittwoch, 29. März.
Auf der Heimfahrt von Leonberg kaufe ich
Plontei ein in Ditzingen. Die Schuler
sind anbetracht der kom̄ enden ferien nicht
mehr musterhaft.
Don̄ erstag, 30 März.
Letzter Schultag! Es wird nicht mehr viel
gearbeitet. Verteilen der Zeugnisse. Gluck=
liche Heimfahrt. Abends von 5-7 Uhr arbeite
ich im Stollen. Holz wird von Wagen ab=
geladen. Nacht Alarm.
Freitag, 31. März.
Morgens putzen usw. Mittags in der
Stadt. Schmuck zur Reparatur. Häßliches
Wetter. – Steibis oder Oberstaufen
mit An̄ e [1 word illegible]?
[page 15]
Samstag, 1. April
24. Februar 1945!
Vor einem Jahr habe ich mein Tagebuch an=
�gefangen, das se bald wieder aufhörte. Aber
nun will ich es wieder vor am fähren
u. hoffentlich auch regelmäßig. Heute, an
meinem 20. Geburtstag (ein wurdiges Alter,
eine schie kön̄ te es jetzt im Frieden sein!) blick
ich zurück auf das vergangen Jahr, das ein
schweies u. ereignisreiches war! Ich frage
gerad de m, wo ich aufhörte:
In den Osterferien kam wirklich die Reise mit
Amerarmie Stag zustande. Wir fahren zusam=
men fur ein paar Tage nach Oberstaufen,
wo Anne bei ihrer Tante, Frau Helgenberger
wohnte, ich in einem Haus unter von Gang.
Der Schnee war nicht mehr viel und schnolz
im̄ er mehr weg, des halb komen wir nur
da einen Tag zum Schifahren. Mein großer
Wunsch war, auf einen Berg zu kom̄ en, Anne
war aber nicht dafür zu haben. So machten
wir einige Spaziergänge, einmal nach Stei=
bis, einmal mit Peter u. Hirde, den Kindern
zum Märzenbecher pflucken. Abends wir es
im̄ er sehr artt u. gemutlich bei Frau Helgen=
berger. An Ostern schenkt sie sogar jedem
von uns beiden ein Ei u. ein Buchlein.
Zum Schluß wurde das Wetter noch schön
warm und son̄ ig.
[page 16]
Nach der Ruckkehr ging des Leben so ziemlich
gleichmäßig weiter. Einmal war ich durch
�Hans Uli Armbrusten bei einer Studenten=
veransteltung in Tübingen eingeladen,
die die ganze Nacht dauerte. Am nächsten
Tag war noch eine Wanderung. Ein ander
mal war bei der Kameradschaft Zeppelin in
der Adelbert. Stifterstraße, wo ich im Winter
u. Frühjahr vorher Tanzabend mitgemacht
hatte, ein Dauertest. – Ganz selten kam
ich mit An̄ e [1 word illegible] zum Tennisspielen. Das
Schulleben ging im alten Tratt weiter.
Etwa um 10. Juli würde Werner vor der
Flak beurlaubt, da die Batterie mit den
jüngeren Luftwaffenhelfern nach Schlesien
kam. Er mußte von nun an mit der
Einberufung zum R.A.D. rechnen.
Kurz, nachdem er da war, sielen an
einem Sonntagmorgen in unserer Ge=
gend mehrere Bomben. Unser Haus bleib
unversehrt, in Niederfeld= u. Relenberg=
straße brannte es, Dreylers Haus bekam
einen Volltreffer, Herr Dreyler kam
ums Leben. Sie konnten fast nichts retten.
Heute haben sie sich wieder=
[page 17]
gelassen. Wagen blindgängern, die
überall in der Gegend legen, durften
wir fast eine Wahn lang nicht mehr
im Haus wohnen u. zagen solange
zu Schwenkels. Am 20. Juli Mordanschlag
�auf den Führer durch Stauffenberg! Ober
mißlungen. _ _ _ Was weite geworden, wenn.....?
Und nun kan̄ t eine schlim̄ e Zeit für
Uns. Etwa am 25. Juli komen 2 ganz
schwere, die schwestern bisher uberhauptAngriffe auf Stuttgart, vorbei die ganze
Innerstadt unsere geliebten, schönen
Heimatstadt zerstört wurde. Am ersten
Mal kamen wir noch gut davon, in
der nächsten Nacht ober, wo wir zum
erstenmal beim Alarm in den Stollen
gingen, da wurde unsere Gegend
furchtbar zugerichtet. Im Stollen fühlte
man die Erde beben. Den Anblick,
als ich herauskam, werde ich ein ver=
gessen! Überall Flam̄ en. Funkenregen.
Feuersturm – unser Haus ofen
Dachstutz, es hatte einem Volltreffer
bekom̄ en, aber dank seiner stabilen
Baumeise standigehalten. Zum Glück
brannte es nicht. Wir müßten in die
[page 18]
Wohnungen u. aufpassen, daß nichts Feuer
fing. Wie soh es der aus! TurenFenster heraus gerissen, Möbel zum
graßen Teil zerrissen, Geschirr zer=
brochen, Lampen zerfetzt – überall
Schutt u. druck u. dazu ringsum
brennende Häuser, wo man zum Teil
�Tatenlos zusehen müßen, wie sie
Nacheinander anfingen zu brennen
u. nie derbrannten. Am basten erhelten
Es war furchtbar! Am anderen Taglag
über der Stadt eine dicke Rauchwolke,
daß kaum die Saue durchkam. Die
heute, zum größten Teil ganz aus=
gebaubt haben außgeschräzt am Stollen
herum. Wir schafften den ganzen Tag
leichtere u. nicht ganz kaputte Möbelstärke
in den Keller hierunter. Nachts schliefen
wir in Liegestühlen um Stollen. Papa
war auch da. Wahren kon̄ ten wir
nun nicht mehr im Haus, deshalb mehr
uns Papa zu möchst zu sich mach Löblinge
auf den Fliegerherst in seine Offizierswohnung (2 zim̄ er mit Bad), wo wir wir
3-6 Wochen alle wohnen kon̄ ten (ich hatte
je Ferien) u. uns allmählich ganz nett
[page 19]
ein richteten u. auf Elektrekofen kochen.
Sehr oft fähren wir nach Stuttgart hinun=
ter, um in der Wohnung etwas Ordnung
zu machen. Bald began̄ es da auch so
durchzurechnen, daß die Möbel ganz durch
mußt waren u. in die noch trockeneren
Räume gestellt wurde. Was mächlich war
wurde im Keller u. Erdgeschoß verstaut.
Werner u. ein Soldat reparierten Fenster
�und Türen. Da die hinteren Räume
noch ganz gut erhelten waren, hofften
wir im̄ er, wen̄ ein Notdach aufs Haus
käme, kön̄ ten wir wieder einziehen.
Nach Großsachsenheim u. Teil der Stadt
wurden Möbel rerlagert.
In Böblingen fähren wir im̄ er bei
Tagesalarm mit Rädern u. Auto wan
Sonst weg in den Wald. Manchmal
gingen wir nach Sindelfingen ins
kä... [?] u. einmal machten Werner u.
ich mit den Räder einen Besuch bei
Hildgard mit ihren Ameile u. Groß=
Mama in Hülben. Das war arg nett.
Ein paar mal kam Eris Keller, ein
wunderbarer Violinspieler, Medizin=
student, der auf dem Fliegerfaust war,
zu uns zum Abendessen u. spielte uns,
[page 20]
viel Schänes, was wir wollten, auf
der Geiger war.
Als um den 1. September die Schule wieder
Begann, fahr ich eben von Böblingen aus
nach Leonberg. Aber nun war unseres
Bleibens nicht mehr lange, wechender
starken Gefährdung mußteb wir den
Fliegerhorst verlassen. Militärisch hatte
sich nämlich die Tage unheimlichrerschärst: Die Engländer u. Amerikaner
�hatten mit unheimlicher Schnelligkeit
Ganz Frankreich zurückerobbert, so daß
wan meinte, in Bälde sind sie bei uns.
Nun zahen wir eben vorläufig wieder
nach Stuttgart zu Schwenkels.
Am 12. September – Mama u. Werner waren
gerade in Hülben – mußte unser liebes
Stuttgart wieder einen furchtbaren
Ge Angriff uber sich ergesen lassen. Auf
dem Weißenhof passierte nicht viel, es
riß eben Fenster u. Türen heraus, aber
unsere Seestraßengegend wurde vikkebds
zu grundilch zerstört, daß kein
einziges Haus wei u. breit mehr stand.
In unserem bran̄ te der 2. u. 3. Stock,
[page 21]
alte auch unsere Wohnung, ganz aus
u. somit war unsere Hoffnung ver=
michtet, einmal wieder hier wohnen zu
kön̄ ten. Es verbran̄ te ziemlich an Wir=
beln, Büchern, Kocheneinsichtung, aber
vieles war je auch im Keller u. Erdgeschoß
gerettet.
Bei einem etwas früheren Angriff entstand
auch ein Riesen-Bombentrichtergerade
vor unserem Haus, so daß alles kaum
wie derzu erken̄en war.
Die Fahre nach Leonberg wurde auch im̄ er
schwieriger, weil im̄ er noch den An=
�griffen die Zuge nicht mehr recht fähren.
Einmal reisten Werner u. ich geschwind
nach Heidenheim, um [1 word illegible] u.
sonstiges dorthin zu verlogern. Groß=
mama freute sich an̄ sehr, uns zu
sehen, war aber im̄ er so in Sorge um
uns. Tante [1 word illegible] zwollte [?], wir sollen
zu ihr ziehen. Tante Johan̄ a Vögelein
war je gestorben u. hatte eine RiesenErbschaft sie terlassen [?].
Ein zweites Mal fähr ich mit Mama
im Oktober in den Herbscheinen hin auf.
Wir ließen uns da beide dauernaller wachen.
[page 22]
In Stuttgart war das Leben kein ver=
gängliches mehr. Kaum war es, mach
Wochen, nach einem Angriff, wieder er=
träglich, so kam ein neuer, u. wieder
fehlte Sturm, Wasser u. Gas. Wir kochten
im Gasten auf ein am selbstgebauten
Herd u. waren uberglücklich, als wir
Von der NSV ein kleines Kohlenherdlein
Bekamen. Trotz allem war aber die
Zeit bei Schwenkels eine recht nette.
Mitle Oktober komen in einer Nacht
2 Angriffe. Beim ersten war ich noch
unterrechts von der Schule her (Wir
hatten im̄ er mittags Schule, weil wir
wegen Krankenhausbelegung der Ober=
�schule in der Volksschule Eltinchen
waren), und kom gerade noch in
einen Hochbunker am ...haus [?].
Am Weißenhof bran̄te viel, aber zum
Heute blieb Schwenkels Haus bis auf
Fensterschäden unversehrt. Eine Brand=
bombe, die Hereingefallen war, wurde
von Herr Wolfert geläscht.
Nun began̄ eben wieder das Fensterzumachen mit Drahtglas u. Pappe und
[page 23]
das Wasserschleifen. Es war nicht schön.
Werner war in dieser Zeit schon im
R.A.D. in Renchen/Baden. Er hatte
schon auf 20. Sept. Seine Einbuchung
Bekom̄ en, war aber wegen unseres
Bombenschadens auf 3. Okt. zurück=
gestellt geworden.
Ich fähr eine Zeitlang mit dem Rad
Nach Leonberg, viel die Zugstrecke zu
sehr beschädigt war.
An den Son̄ tagen fähren wir fast
im̄ er nach Böblingen zu Papa, um
dort zu baden u. wieder etwas Kul=
tur zu genießen. Unser Wunsch
nach einem eigenen kleinen Heim
wurde im̄ er großer u. wir suchten
viel nach einer kleinen Wohnung.
Endlich fand Papa in Waldenbuch
�(zwischen Tubingen u. Stuttgart) in der
Liebenau des Passende für uns. Bei der
Familie nahezu (einer unheimlich
Interessenten Familie, besonders die Frau!)
Bekamen wir zwei einhalb Zimmer u.
ein kleines Ruchele, was wir uns
mit der Zeit weg nett u. gemutlich
eingerichtet haben. Wir sind so froh, um̄
[page 24]
nun wieder für uns zu sein. Dabei leicht
das schön neue Haus in einer kleinen
Wohnsiedlung 1km außerhalt des Stadt
in einer entzuckenden Landschaft, so
daß wir uns f vor den Fliegern nicht
mehr da zu furchten brauchen. Dabei
Ich kon̄ te sind wir auch materiell nicht
schlecht daran. Nafzers leben auch jetzt
noch erstaunlich gut u. lassen uns
im̄ er wieder was zukom̄ en. Besonders
beim Schlechten.
Ich kon̄ te naturlich nicht mehr daheim
wohnen, hatte aber in Leonberg bei
Frau Brucker ein recht nettes, wen̄
auch wegen Kohlenmangel unge=
heiztes zim̄ er bekom̄ en u. fuhr im̄ er
über das Wochenende Heim nach Walden=
buch. Der Unterricht wurde durch die
dauernde Alarme u. Zugschwietichkeiten
im̄ er mehr gestört, so daß es Stein Ver=
�gnugen mehr war. War Weihnachten
machen wir aber Schulerin̄en aus der
3. u. 4. Klasse eine große Freude mit Gutsle
u. kleinen Selbstgebastelten Geschenkchen.
Ein Paar wurde aus der 4. Klasse hatten
mir auch Damels noch weinem Fliegeschu=
[page 25]
den eine Reise von hubschen u. guten Sachen
Geschenkt, vorüber ich mich furchtbar freute,
zeicht es doch, daß die Kinder mich gern haben.
Werner kam im November vom R.A.D. zu=
rück, gerade recht, um die Waldenbücher
Wohnung mit einzurichten. Am 2. Dez.
hätte er zur Wehrmacht einreden sollen.
Aber es kam anders. Es stellte sich heraus,
daß er eine leichte Lungenschädigung
davongetragen hatte. Er kam zur Be=
obachtung 14 Tage nach Böblingen ins
Sanatorium zur Beobachtung. Es ist nicht
mehr viel an der Lunge festzustellen.
Später muß er nach ein paarmal zur
Untersuchung zu Dr. Gudehus, ein mal
ist die Tuberkulinprobe positiv. Nun
ist er, nachdem er nach einen Gestel=
lungsbefehl bekom̄ en hatte, bis 31. Au=
gust zurückgestellt. Zu unsere Freund!
An Weihnachten kon̄te die ganze Fa=
milie beieinander sein, was wir
alle als ein großes Geschenk empfanden.
�Sogar ein Gönslein fehlte nicht!
Wir fährten nun allmählich wieder ein
[page 26]
ordentliches Familienleben, den Papa
kan̄ öfters heim kom̄ en von Böblingen
fer. Da wird den̄ Kraviergespielt, Plat=
ten werden gehört, vorgelesen, geschwätzt,
wir gerießen noch richtig des zusam̄ ensein, den̄ wer wiss, was alles kom̄ t.
Die Kriegslage wird im̄ er schlim̄ er u.
Hoffnungsloser. Man kan̄ nur nach
wunschen, daß alles vollends schnell zu
Ende geht. Wir haben Schwers zu
erwarten. Die Russen haben seit Som̄ er
schon Deutschland von Osten her bis zur
Oder erobert u. werden jetzt nach Berlin
vorgehen. Die Engländer u. Ameri=
kaner haben ein groißes Stark des linksrheinischen Gebietes genom̄ en, sind
in Köln ein mostfest. Das Ruhrprobiert
ist auf’s äußerste gefuhrdet. Der Krieg
ist längst verloren. Aber die Nazis musse
weiterkämpfen.
Auch um Familiengliede vor uns mussen
wir sorge haben.
Unser lieber, feiner, tapferer Vatter Ger=
hard ist schon in Oktober im Osten ge=
falen. Mit seinem ganzen Idealismus
[page 27]
�hat er den Tod gehenden. Bei der Einnahere
Strasburgs in November mußte man furchten,
daß Onkel Herman̄ gefallen sei. Aber zum
Glück ist er in Gefangenschaft gekom̄ en –
Wan Alrich, der bei Königsberg ist u nd Wolfgang sind auch keine Nachrichten da. Man
muss in sorge um sie sein. Von Ameis
Schwiege... [?] weiss man nichts, sie
werden beim Russeneinmachts nicht mehr
fortgekom̄ en sein. Diese Flucht der Bewöl=
kung aus den Osten wo ein namen=
loses Elend.
Die Flieger lassen einem allmählich
gar kein Rufe mehr. Bei gutem Wetter
ist den̄ ernd Alarm. Tiefflieger greifen
auf den Straßen an_ Wir lange
wird es noch den̄ern ? __ __ __ __
Die Weihnachtsferien, die bis 1. Februar
wegen Kohlenmangel verlängert wurden,
haben wir sehr ruhig verlebt mit Brief
schreiben, nähen, lesen, arbeiten.
Einmal machten Werner u. ich einen
Besuch in Hülben. Als Schnee fiel,
kon̄ ten wir ein paar Tage Schi fahren,
nur Taute es schon bald wieder.
Am 1. Febr. kan̄ die Schule im̄ er noch nicht
[page 28]
anfangen, erst später mussen die Schuler
kom̄ en u! Aufgeben holen. Mich erreicht
�aber die Aufladerung, zu kom̄ en viel zu
spät. Als wir einmal in Weil der Stadt
waren u. ich anschließend nach Leon=
berg wollte, wurden wir durch Alarme
u. Tiefflierger so aufgehelten, daß
wir gerade nach am gleichen Tag heim
komen. Das war um 22. Februar 1945.
Abends war die Nachrichts aus Heiden=
heim da, Mama solle kom̄ en, Groß=
mama sei schoner krank. Sie reiste am
Freitag Abend es.
Meinen Geburtstag haben Mama u. ich
zusam̄ en sehr ruhig daheim verlebt.
Son̄ tag, 25. Februar.
Vormittags kochten wir. Nachmittags
fähren wir mit dem Rad zu Papa nach
Böblingen. Wir tranken gemutlich zu=
sammen Kaffee u. eßen meinen restliche
Geburtstagsnuchen. Da kam die Nach=
richts, daß Großmama in Heidenheim
ganz rasch u. sanft entschlafen sei.
Die Rufe ist ihr zu gäuen. Ihr blieb sicher
[page 29]
viel schweres erspert. Aber ich werde mein
liebe Großmama nicht vergessen.
Papa sagte, wir sollen gleich mit den Räder
nach Heidenheim fahren.
Montag, 26. Februar.
Morgens um ¼ 8 Uhr fahren wir zwei
�mit den Rädern los. Wir haben starken
Rückenend u. uber Plattenhardt, Plochingen,
Göppingen, Süßen, Weißensstein geht
die Fahrt gut u. rasch verstotten. Ein
netter zusam̄ entreffe haben wir: auf
der Landstraße, kurz war Göppingen
tippelt Herr Feins! – Um 4 Uhr sind
wir in Heidenheim. Mama ist überwascht,
daß wir kom̄ en, wir schlafen bei Tante
[1 word illegible], die sich übrigens während unseres
ganzen Aufenthaltes nicht war ihrer
freundlichster seite zeigt.
Dienstag, 27. Februar.
Vormittags um ½ 11 Uhr ist die Beer=
digung Großmamas. Wir sehen sie
woher noch im sorgliegen. Nachmit=
tags gehen wir ins Altenheim hinaus,
an es viel zu räumen u. zu ordnen
gibt. Wir essen aus wärts, um Tante
[1 word illegible] keine Mühe zu machen!
[page 30]
Mittwoch, 28. Februar.
Fast den ganzen Tag räumen wir
wieder im Altenheim. Aus den suchen
Großmamas müßen Anenken für
Bekan̄ te u. Vormande herausgesucht
werden. Abends machen wir nach
Besuch bei Tante Luise u. Tante Hans.
Don̄ erstag, 1. März.
�Wir fahre wieder ab. Nun werden
wir wohl nicht mehr so schnell nach
Heidenheim zurückkom̄ en.
Diese Fahrt war schrecklich!! Unsere Räder
waren so schwer beladen, daß sie schmuck=
ten, den̄ wir müßteb etliches war Groß=
mamas sachen, war allem schmuck, mit
nehmen. Diesmal hatten wir star=
ken Gegenwird u. dauernd drehen es
zu regnen. Vor Göppingen hatte Werner
Pan̄ e u. ich so, daß der Reisen im̄ er
weiter schlitzte! Gerade hielten wir
am Straßenrand, etwa 1 km vor Göp=
pingen, als es zu brum̄ en, zu
krattern, zu Drähren began̄ : wir
[page 31]
flitzten in den Straßengraben u. machten
einen Angriff auf Göppingen mit. Es bran̄ =
te suchtig in der Stadt. – Werners Rad
war hoffnungslos. In Göppingen gelang
es ums zum Glück, es wieder reparieren
zu lassen, wir hatten aber 5 Std. Zeit ver=
loren, so daß wir erst um ½ 6 Uhr weiter=
kamen. Bald wurde es dunkel u. nun
schlappten wir uns mühsam über Nür=
tingen durch Nacht, Wird u. Alarm heim=
wärts, wo wir nach 11 Uhr todmüde aber
hochankamen.
Freitag, 2. März.
�Den ganzen Tag daheim. Putzen,
kochen, flicken.
Samstag, 3. März.
Morgens kochen, kuche richten.
Abends kom̄ t Papa. Wir erwarten
Ms Mama. Die kom̄ t aber erst am.
Son̄ tag, 4. März
Morgens todmüde an u. legt sich gleich
ins Bett. Der Son̄ tag wird ruhig verbrecht.
Mittags beschauen mir Großmamas
schöner Schmuck.
[page 32]
Montag 5, März.
Mit dem 8 Uhr-Zug fahre ich nach Vaihin=
gen u. mit dem Rad weiter nach Leon=
berg. Von Studienort Fischer erfahre ich
die großen Schwierigkeiten u. Änderun=
gen des Schulbetriebs in der letzten Zeit
u. daß ich Mittwoch u. Freitag ¾ 8 Uhr
da sein muß. Außenden erlebe ich noch
einen Schenken. Bei einem Angriff
auf Leonberg ging Bunkers Haus
kaputt. Es ist zwar kein ganzen Trum=
merhausen, wie die Häuser rechts
u. links davon, aber ein mehr auf=
zubauen. Am meisten fehlen mir
wein e Schulbucher. Frau Brücken
ist ganz verzweifelt, weint, mächte,
nicht mehr leben. Es ist aber auch
�fast alles kaputt u. das Haus war
eben ihr Lebensinhalt.
Dienstag, 6. März.
Ich will eigentlich nach Nürtingen
u. An̄ e [1 word illegible] besuchen, aber es ist scheuß=
liches Schneewetter. So bleibe ich eben
daheim.
[page 33]
Mittwoch, 7. März.
Mit dem ½ 6 Uhr Zug fahre ich ab u. wieder
nun Uni hingen aus mit den Rad. Dan̄
halte ich in der 5. Klasse 2 Stdn. Schule u.
kan̄ den̄ wieder abfahren. Schon um ½ 1 Uhr
bin ich wie da zu heute (Heimfahrt ganz
zu Rad).
Don̄ erstag, 8. März.
So ganzen Tag daheim.
Freitag, 9. März.
Wieder nach Leonberg. Dort ist wieder
etwas anderes los! Nun wird die Volks=
schule Eltingen auch aus Krankenhaus
belege u. wir stehen auf der Straße. Wir
bekom̄ en einen Raum in der alten
Volksschule Eltingen, da kan̄ man nur
Jeden Tag eine Klasse kom̄ en lassen.
Am die Mittagszeit bin ich wieder daheim.
Nachmittags besuchen Mama u. ich
Frau war detten mit ihrem süßen Kind.
Sie sitzt im kam̄ u. müßte aus Schle=
�sun fliehen. Sie kan̄ einem Leid
tun. Überein Stoffpuppehen, das ich dem
Kind gemacht hab, ich sie dicket zu
Tränen geruset.
[page 34]
Samstag, 10. März.
Morgens putzen, kochen, einkaufen.
Werner bei Dr. Gudehus im Böblingen.
Abends kom̄ t Papa.
Sonntag, 11. März.
Die Eltern haben silbernen Ho Verlobungs=
tag! Dieses denkwürdige Fest wird ge=
bührend gefeiert mit Kuchen, Wein u.
sonstigem guten Essen. Wir genießen
noch das Zussamensein, dann bald kommt
Papa nach Gerlingen. – Wird Werner das
Medizinstudium beginnen kön̄ en?
Montag, 12. März.
Morgens fahre ich nach Leonberg. Aber da die
Änderung nicht in der Zeitung kam, ist
statt der 3. Klasse die 1. u. 2. Da, so daß ich
unnerichteter sache gleich wieder abziehen
kann. Bei Bruckes kom̄ en zu meiner
Freude einige Bücher wieder zum Vorschein!
Werner kom̄ t nachmittags vorläufig noch
Ohne Ergebnis von Tübingen zurück.
Dienstag, 13. März.
Ich fahr mit dem Rad nach Nurtingen zu
An̄ emarie [1 word illegible]. In ihres Schule treffe ich
�sie schreibmaschinenschreibend an (ich möchte
[page 35]
das auch lerne!). Zusammen machen wir nun
einen Spaziergang am Rande Nurtingens.
Ich schenke An̄ e, da ihr ja alle Bücher verbran̄ t
sind, ein schaues Buch von mir, was sie wirk=
lich sehr freut. Beim Mittagessen lerne ich
ein paar (ganz nette) Kollegen von An̄ emarie
ken̄ en. Ihr Schulbetrieb ist noch wesentlich besser
u. geordneter als der unsere in Leonberg. Weil
verloren kom̄ t, fällt Mittags die Schule aus,
so daß wir auch da noch zusammen sind. Etwa um
½ 6 Uhr bin ich nach schöner Radfahrt wieder daheim.
Mittwoch, 14. März.
Morgens habe ich in Leonberg Kl. 4 zu unter=
richten. Zwischen 8 u. 9 Uhr haben 4 Lehrkräfte,
die die ganze Zeit im Zimmer sitzen, zu un=
terrichten! Ein nicht gerade idealen Zustand.
Frau Schmitt ist nach langer Zeri (sie war
krank) wieder gekom̄ en. Leider wird sie auf
1. April entlassen. Ich trinke nach der Schule eine
Tesse Kaffee mit ihr. Nachmittags sam̄ le ich mit
Werner Tan̄ enzapfen.
Don̄ erstag, 15. März
Ein wunderschöner Frühlingstag! Unsere Gegend
wird im̄ er schöner. Wie freue ich mich, bis alles
zu blühen begin̄ t; wen̄ nur nicht im̄ er die sorge
um den Krieg u. unser aller Schicksal wo einem
stunde. Wie schön kön̄te ohne das das Lebensein!
�Mama ist in Böblingen. Morgens have ich im
Haushalt zu tun. Nach dem Essen sitze ich in die
Son̄ e u. dan̄ machen Werner u. ich im Garten
[page 36]
biete. Wir bekom̄ en auch ein schönes Stück
zum Bepflanzen. Nachher putze ich noch mein
Rad.
Freitag, 16. März.
Bei einer morgendlichen, sehr kalten Fahrt
nach Leonberg genieße ich einen schönen Son=
nenaufgang. Heute ich Kl. 5 zu unterrichten.
Nachmittags wandert Mama von Böblingen
zurück. Werner geht heilt ihr entgegen.
Samstag, 14. März.
Der übliche Samstag mit Putzen u. Kochen,
Einkaufen.
Son̄ tag, 18. März.
Nach dem Essen machen wir mit Billi einen
Spaziergang auf den Berg hinauf. Es wird
Frühling! Wir finden viele Palmkätzchen,
Weidenwürstle, Gänseblümchen, Veilchen.
Montag, 19. März.
Morgens in Leonberg. Kl. 3. Ich habe meine
geretteten Bücher bei Bruckers ab.
Dienstag, 20. März.
Mittags werden unter Frau Nafzers An=
leitung bei schöbeb Fruhlingswetter
Erbsen gesät. x Am 20. März Dan̄ fange ich ein kleid=
chen für Ameile zu nähen. Gegen
�[page 37]
Abend kom̄ t Papa von Echterdingen her. Ge=
Mütlicher Abend. Die Umsiedlung noch
Hechingen verzögert sich.
Mittwoch, 21. März
Wegen baldigem Alarm ist fast kein Un=
terricht. Die Fahrt nach Leonberg u. zurück
wird mir im̄ er mehr zum Genuß bei
dem erwachenden Frühling u. dem schönen
Wetter. x Erbsensäen [?]. Ich nähe am Kinderkleid.
Donnerstag, 22. März.
Morgens Kuchenbacken usw. Nach dem Essen
Liege ich eine Stunde am Berg oben in
die Son̄ e. Es ist wunderschön bei der
schönen Aussicht. Ich bekom̄ e schon
Farben, besonders die Nahe bräunt sich!
Dan̄ kom̄ t Frau von Detten mit ihrer
reizenden kleinen Beatrix, s die sehr
lieb u. artig ist. Ein netter Nachmittag.
Freitag, 23. März.
In Leonberg Kl. 5. Morgens Tieffliger.
Wenig Unttericht. Frau Schmitt kom̄ t
Überhäupt nicht zum Wort. Fischer ist
Einige los, kan̄ sich nicht gegen die Volks=
schule behaupten. Heimfahrt wieder schön
Palmkätzchen u. Huflattichblühen. Welchen!
Nachmittags werden im Garten kar=
Toffeln gesteckt. Dan̄ nähe ich das Kleidchen
fertig.
�[page 38]
Samstag, 24. März
Morgens in der Küche tötig. Gleich nach
dem Essen gehen wir alle drei [1 word illegible] den
Berg hinten hinauf u. liegen, je mag
Verlangen, in der Schatten oder in die
Son̄ e, Lesend, strickend muhend. Es
ist wieder wunderschön. Noch nie habe ich
den Frühling so genießen kön̄ en wie
dieses Jahr. Wir waren je im̄ er in der
Stadt u. kamen nich so viel in die
Natur hinaus. Dazuhin habe ich ja
Wirklich auch viel Zeit, während ich
letztes Jahr mit meiner Tätigkeit in
Leonberg voll ausgefüllt war. – Man
kann eine Weile den ganzen Krieg ver=
gessen, nur die Sirenen, die ringsum
in den Arten ertönen, um die wir uns
aber wenig küm̄ ern, erin̄en im̄ er wieder
an das furchtbare Schicksal unseres Volles
Der Feind macht dauernd große Angriffe
Auf Industrie- u. Merkerszentren. Die
Alläerten haben die Offensive über den
Rhein auf das Kuhrgebiet begonnen. Die
nächste Zeit wir große Ereignisse bringen!
[page 39]
Son̄ tag, 25. März.
Morgens daheim. Mittags kom̄ t Papa
zu Fuß von Böblingen her. Wir gehen
�ihm fast bis Schönaich entgegen. Abends
sitzen wir noch gemütlich beisam̄ en.
Montag, 26. März.
Wieder in Leonberg. In Elbingen sind
nur 4 Kinder, die wir heimschicken.
In der Leonberger Volksschule sind nicht,
ich kom̄ e aber wegen Alarm nicht zum
Unterricht. Frau Schmitt ist leider
zum letztenmal da. Das bedaure ich sehr.
Aber die Schule wird ja wohl nicht so
lange mehr gegen, wer weiß, ob
wir nach Ostern schon amerikanisch
sind. Auf die Heimfahrt habe ich Reisen=
pech, muß dauernd pumpen.
Dienstag, 27. März.
Schon um ½ 6 Uhr fahren wir mit dem
Lastwagen nach Echterdingen u. von dort
mit der Straßenbahn nach Stuttgart.
Wir wollen nach Kohlen, Gartengeräte=
u. =möbel u. a. nach Waldbuch holen.
Werner u. ich füllen (fast im Kohlenstaub
[page 40]
erstickend) die Kohlensäcke. Dan̄ wird gepackt
großen Freude haben wir an den Frühlings=
blumen im Gurtle, des die Hausbe=
wohner gerichtet haben. Sogar Susi findet
sich wie der! Lebendig! – Es heißt panzer=
spitzen seien in Heilbron̄ !! Stim̄ t aber
�nicht. Ich hole auf dem Weißenhof mei=
nen Mantel. Amei u. Tante Martha treffe
ich an. Tante Martha packt eben zur Flucht
nach Hülben. Amerikaner sein in Bretten?
Anni will dan̄ , wen̄ es brenzlich wird
mit dem Rad fahren. Stuttgart soll Festung
werden. Der Krieg rückt im̄ er näher die
Amerikaner u. Englander rücken un=
Heimlich vor! Khaos bei den Deutschen!Abends kom̄ t das Auto wieder. Wir
laden ein u. sind froh, als wie glücklich
daheim sind.
Mittwoch, 28. März.
Morgens Einkauf von Lebensmitteln.
Die Lebensmittellage Deutschlands wird
ja im̄ er bedrohlicher, so daß man nicht
weiß, wie lange man noch auf seine
marken belie fort wird. – Mittags nähe
ich eine Bluse für Lilli.
[page 41]
Don̄ erstag, 29. März.
Mama u. ich reisen nach Eßlingen. Glatte
Jomgsjt über Stuttgart. Zuerst Besuch bei
Frau Linder u. dan̄ im Krankenhaus bei
Elisabeth Benzhalt, die schon fast ein Viertel=
jahr an schoner Tungen= u. Rippfellentzun=
durch liegt. Sie ist jetzt auf dem Weg da
Besserung, aber entsetzlich abgemagert.
Sie freut sich, daß wir kamen. Dan̄ besuche
�ich geschwind Han̄ a Roser in der Fischbrun̄ enapotheke. Essen in der Reichsstadt. Heim=
fahrt über Stuttgart-Echterdingen. Macht
von Echterdingen aus heim im strämden Regen.
Karfreitag, 30. März
Morgens gehe ich mit Herr Nafzer und
Lilli in die Kirche. Nachmittags da=
heim.x Gutsle backen u. abends Oster=
eier bemalen.x Mit Lilli in Platten=
hardt wegen Bolbors [?].
Samstag, 31. März.
Morgens kom̄ t eine Heeresgruppe nach
Waldenbuch. Es muß für viele Soldaten
u. Offiziere ein Quartier gemacht wer=
den. Das Kontor im Haus wird Arbeits=
zim̄ er. Im Zim̄ er oben schalfen 2 Oberleut=
nants. Die Tag wird sehr bewegt. Wir
[page 42]
backen für Ostern, kaufen ein usw.
Außerdem muß die Garage für den
Russen Nikolai geräumt werden, wir
schaffen Kohlen u. Holz hinüber in den
ehemaligen Schweinestall. Nachmittags
kom̄ t ganz unverhofft Frl. Pröbiuß mit
dem Rad von Korntal herüber. Ich freue
mich sehr über ihren Besuch, es ist mir
aber noch lange peinlich, daß ich ihr, der
hübsch u. sauber angezogenen, die ganze
�Zeit so dreckig vom Kohlenräumen gegen=
über sitze. So muß ich mich oft so uber mich
selber ärgern. Wir trinken Tee, Werner u.
Mama kom̄ en auch, dan̄ hören wir auch
ein paar Platten. Abends fährt sie wieder
ab u. ich begleite sie ein Stuck. Fraulein
Pröbiuß mag ich sehr gern, hoffentlich
kan̄ ich diese Freundschaft auch pflegen,
aber mer weiß, vielleicht reißt die
nächste Zeit alles auseinander. Abends
kom̄ t Papa.
Osterson̄ tag, den 1. April.
Morgens reichhaltiges Osternfrühstück.
Zum erstenmal kein Suchen. Papa
ist zum letztemal da, er kom̄ t jetzt
endgültig nach Hechingen. Wie und
[page 43]
wan̄ wir ihn wiedersehen, ist fraglich den̄
die Amerikaner rücken im̄ er näher u.
er kom̄ t vielleicht in Gefangenschaft
oder muß ausrücken. Mittags hören wir
noch ein paar Platten u. genießen das zu=
sam̄ ensein. Abends muß er fort.
Ostermontag, den 2. April.
Mama u. ich besin̄en uns, ob wir nach
Hülben fahren wollen, lassen es aber blei=
ben – zum Glück – den um 11 Uhr kom̄ t
Frau Grelkel [?] u. Gerlind von Sielmungen
her zu Besuch. Wir freuen uns sehr. Sie
�bleiben zum Mittagessen u. Kaffee da.
Gegen Grelkel [?] ist ja gefallen, Herr Grelkel [?]
in Gefangenschaft. Aber Frau Grelkel [?] ist
sehr tapfer. Mittags gehen wir ein
wenig mit Gerlind spazieren u. spielen
vierhändig. Sie spielt sehr gut von Blatt.
Abends begleiten wir sie ein Rück.
Dienstag, den. 3. April.
Gerüchte sagen, die Amerikaner sinn
schon in Heilbron̄ . In Stuttgart werden
(fälschlich) ein zeitlang waren ohne
Marken verkauft. Morgens einkaufen.
Nachmittags fährt Werner, um Geld zu
[page 44]
holen, nach Kaltental und Echterdingen,
allerdings erfolglos.
Mittwoch, 3 4. April.
Mama läßt mich nicht nach Leonberg den̄
die Amerikaner sind wirklich schon in
Heilbron̄ . Der Volkssturm hat letzten
Apell. Werner u. ich fahren schon mor=
gens in Geldangelegenheiten für Herr
Nafzer u. uns nach Geblach [?] u. Echterdingen.
Morgens Tiefflieger, 3 mal Alarm.x
Am 3 Uhr glücklich wie der zurück.
x
In Stuttgart fängt schon alles an zu
bluhen. Wie schön kön̄ te es sein.
Abends ist Obersturmführer Pfeifer
(Einquartierung) bei uns. Klavier=
�spielen. Erziehlen. Er hat viel vom
Gebirge u. Italien gesehen.
Don̄ erstag, 5. April.
Herr Pfeifer beim Mittagessen da.
Freitag 6. April.
Morgens rascher Entschluß, doch noch nach
Hülben zu fahren. In einer knappen
Stunde sind wir schon in Nürtingen, als
Werner dort plötzlich Pan̄ e bekommt u.
zwar einen Riß beim Wentil, der sehr
[page 45]
schwer zu flicken ist u. auch von keinem Re=
paraturgeschäft angenommen wird. Schweren
Herzens muß er sich entschließen, wieder
Herzukehren u. zwar zu Fuß! Ich fahre
Allein weiter. Bei Neuffen blühen die
Kirschenbäume! Am 2 Uhr bin ich in
Hülben. Es wird ein sehr netter Nach=
mittag. Alle freuen sich u. bedauern nur
Werners fehlen. Gertrud kom̄ t auch von
...rach [?], ihr Schule hat den Betrieb ein=
gestellt. Mein kleidte fürs Ameile er=
regt Entzucken. Die kleine läuft u. schmitzelt
schon ein wenig u. ist die große Freude der
ganzen Familie, sozusagen die Familienpuppe.
Hülben hat schon den Räumungsbefehl, den̄
Der Allrund soll verteidigt werden. Die
haben sich schon vorbereitet, bei [1 world illegible]. Kämpfen
ein paar Tage in ein abgelegenes Telzu
�gehen. Aber was mär [?] das für Großmama!
Um ¾ 6 Uhr fahre ich ab, Heimfahrt teilweise
Im Regen. Ankunft 8 Uhr, 1 Std. nach
Werner!
Samstag, 7. April.
Morgens Einkaufen. Großes Gedränge.
Frisch von Papa aus Hechingen über
Wieses geleitet, gelangt zu uns Nach=
Mittags stricken u. lesen.
[page 46]
Son̄ tag, 8. April
Morgens bringt Hans-Dieter Wiese wieder
einer Brief fnr von Papa. Ich koche, Werner
liegt mittags in Bett. Ich liege ein
wenig mit dem Liegestuhl in die Son̄ e,
hole mit Lilli einen großen Schlüssel=
blumenstrauß im Wald. Ich lese, das
Buch „Titanic“, das mich ungesauer
packt.
Montag, 9. April.
Werner fährt nach Tübingen wegen seinem
Studium. Ergebnis: Abwerten. Franzosen
In Pforzheim u. Vaihingen/Enz!
Morgens kaufen wir ein. Bei Binder gibt
es wunderbare Strümpfe. Riesenandrang.
Ich bekom̄ e von Frau Schum̄ , die auch verkaufen
hilft für jedes von uns 3 Paar! Mittags
muß ich auch noch für jedes Strümpfe holen.
Abends kom̄ t wieder Einquartierung.
�Dienstag, 10. April.
Werner u. Mama fahren nach Stuttgart.
Ich mus morgens noch einmal für Frau Nafzer
Strümpfe holen, bekom̄ e aber von der schimpfen=
den Frl. Pauline nur noch 1 Paar. (0 Klatsch=
u. Schimpferst Waldenbuch!!) Frau Schum̄
gibt mir nochmals 2 Paar schön. Dan̄ han=
tiere ich schweißgebadet in der Küche, backe
[page 47]
Kuchen u. Gutsle, mache Merzipen u. werde
im̄ er wieder dazwischen aufgehalten von Frau
Nafzer. Mamas Geburtstag ist morgen, des=
Halb habe ich nachmittags Blumen in Wald
u. auf der Wiese. Abends kom̄ en beide
wieder gut, aber müde von Stuttgart zu=
rück. Das wird wohl das letzte mal für
die nächtse Zeitgewesen sein.
Mittwoch, 11. April.
Mamas Geburtstag wird „gefeint“, so
gut es eben geht. Wir haben einen
reche ansehnlichen Geburstagstisch auf=
gestellt, Werner fährt um 10 Uhr nach
Hülben, um dort heim Briefmerken vor
Kellerfau zu retten. Mama u. ich
kaufen morgens ein (Sonderzuteilung
2 M Fleisch u. 2 M Mehl pro Kopf!). Das
Mittagessen bekom̄ en wir zum großem
Teil von Frau Nafzer, die 4 Offiziere zum
Essen hat, ich helfe auch in der Kuche.
�Nachmittags liege ich wieder 1 ½ Std. in
die Son̄ e hinter am Berg. Wunderschön!
Don̄ erstag, 12. April.
Morgens wir der ein kaufen. Wäsche.
Am 6 Uhr abends kom̄ t ganz unverhofft
Papa, der bei einem Major auf dem
Motorrad hierher mitfahren kon̄ te.
[page 48]
Allerseits natürlich große Freude. Um 11 Uhr
Nachts kom̄ en Major L. U. Fahrer wieder
zurück u. bleiben bei der u. Brötchen
fast bis 1 Uhr da. Abschied. x
Freitag, 13. April.
Morgens Einkaufen, Spülen. Mittags
Bügeln. Präsident Roosevelt gestorben.
x
Franzosen nur noch etwa 20 km vor
Stuttgart (Nußdorf).
Samstag, 14. April.
Gewöhnlicher Samstagmorgen. Mittags
Vollkjackewaschen. Blumenholen.
Noch nie habe ich den Frühling so steck
erlebt wie dieses Jahr.
Son̄ tag, 15. April.
Den ganzen Tag ruhig daheim. Mittags
Gehe ich mit Mama ein wenig fort
u. wir holen großen Striuße erster
Schlüsserlblumen. Die ganze Wohnung
ist voll davon.
Montag, 16. April
�Mittags sitze ich bei wunderschönen
Frühlingswetter eben am Berg unter
[page 49]
einem bluhenden Birnbaum. Der Wald
wird schon grün. Er ist einzig schön da eben.
Dan̄ hole ich noch einen Rucksack voll Tan=
nenzupfen. Als ich später noch (wegen
Strumpfen) nach Waldenbuch fahren, hin ich,
Panzerspitzen seien in Böblingen! Darüber
Aufregung u. Kofferpacken daheim. Die
Nachricht erweiß sich später als falsch.
Dienstag, 17. April.
Beis Linder Hochbetrieb. Kurzwarenverkauf.
Ich helfe Gerde [?] Hetzel [?] u. An̄ emarie Schum̄ ,
in dem ich den ganzen Tag die bleibe
u. Band abmesse. Von Herr Linder be=
kom̄ e ich ein prima Mittag= u. Nacht=
essen. Anschließend sind wir noch bei
Wieses. Papa ruft an: Er kann jetzt fort
von Hechingen in Gegend Waldsee. Es
ist ein sehr, sehr netter Abend.
Mittwoch, 18. April.
Vormittags u. beim Mittagessen wieder
bei Linder. Nachmittags geht Werner
zu Treibers nach Vaihingen; wir zwei
treffen uns mit Anita Wiese, Gerde [?] u.
Hans-Dieter hinten am Berg, son̄ en u.
unterhalten uns.
Gespan̄ te Stim̄ ung zwischen Nafzers u. uns,
�wegen meinemer Verkauf Hilfe bei Linders.
Zum Glück renkt sich die am nächsten Tag wieder ein.
[page 50]
Don̄ erstag, 19. April.
Der Feind rückt im̄ er näher. In den
Läden werden an die Bevölkerung die
Lebensmittel vollend verkauft. Mama
u. ich machen 3 mal den Weg nach Wal=
denbuch hinein. Nach plötzlichen star=
ken Artillerieschießen werden koffer
mit Kleidern, Lebensmittel, Geschirn,
Radio in das unterste Geschoß verstaut
bei uns im Haus ist das Geschäftszim=
mer der Soldaten, die zu unserem
Leidwesen noch in Waldenbuch sind, sie
Warten auf den Befehl zum Rückzug, der
aber lange nicht kom̄ t. Wir müssen
große Sorge haben, daß Waldenbuch
verteidigt wird, es liegen 5 Batterien
in der Nähe. Und wir haben die Aus=
sicht, daß, wen̄ es zum Kämpfen kom̄ t
wohl kein Stein auf dem anderen bleibt.
Noch ein paarmal schießt Artillerie s uns
nächster Nähe. Wir sichern Fenster und
Türen mit Kissen u. Decken, stellen
Zerbrechliches auf den Boden, damit es
möglichst wenig Scherben gibt. Abends ge=
hen wir natürlich nicht ins Bett, sondern
[page 51]
�warten, was kom̄ t. Von den Soldaten u.
Offizieren hören wir, daß der Feind in
Schönaich, Dettenhausen u. am Wald=
rand bei Steinenbron̄ ist, also nur
wenige km von Waldenbuch entsennt.
Es sind ein paar schwere Stunden, die
wir durchmachen. Die Soldaten müssen
schon Verteidigungsstellungen s ma=
chen. Da englich – etwa um 12 Uhr nachts
- bekom̄ t der Hauptman̄ die Erlaubnis
zum Rückzug. Auch Frau Nafzer hatte sich
mit Bäden [?] u Beschwären des Hauptman̄ s
verdunt gemacht. Sie hat damit auch
Beigetragen, daß wir die Soldaten los=
bekamen. Wie froh sind wir nun,
daß des Militar – in rasender Eile=
packt u. abgrift! Nun wird es we=
nigstens keine Kämpfe geben. Wie
kön̄ en uns nun sogar noch ein
paar Stunde – mit allen Kleidenins Bett legen, allerdings im̄ er
wieder durch Motorengeräusch u.
Schießen aufgeschreckt.
[page 52]
Don̄ erstag Freitag, 20. April.
Der r für uns so bedeutungsvolle Tag
bricht mit strahlendem Son̄enschein
an. Wir werden wieder durch Schießen
uns den Betten aufgeschneckt. Und
�nun ist die große Frage die: Ist der
Franzsose u. Amerikaner schon durch=
gezogen in der Nacht, wie es unsere
Soldaten vermuteten, oder nicht? Die
Liebenau weiß es nicht. Es ist ganz
ruhig. Herr Nafzer meint, wir sein
schon besetzt. Und nun vorgehen ein
paar Stunden, außerlich friedlich mit
Lesen u. Stricken gespan̄ t. Was wird
kom̄ en?? Frau Nafzer geht nach Wal=
denbuch zu Zim̄ erman̄ s u kom̄ t mit den
beide zurück. Im Ort drin schießen die
unseren. Auf einmal begin̄ t Artillerien=
beschuß auf Waldenbuch, alles geht in den
Keller. Es dauert aber nicht lange. Man
sieht nun von weitem auf der Tübinger
Straße Panzer u. Autos herunterfahren.
[page 53]
Zum dtsche Glück geht es ohne weitere Schießerei
ab. Soldaten, die gescheffen hatten, werden
später niedergemacht, wie man hört. – In
der Liebenau bleibt zu nächts alles ruhig,
aber Mittags rollen Panzer u. Lastautos
usw. mit Franzosen u. Marokkanern drauf
die Nürtinger Straße hinunter. Wir
schauen dem Schauspiel auch zu, blei=
ben aber, im Gegensatz zu rieben Lie=
benauern, in der Hauptsache in Haus.
Natürlich ist überall große Aufregung.
�Wir kön̄ en aber heilfroh sein, daß alles
so ruhig und verlief u. gar nichts be=
schädigt werde. Abends holen wir von
jetzt ab Milch bei Bauern in Glas=
hütte. In der Nacht kom̄ t ein fran=
zösicher Offizier als Einquartierung,
der sich aber anständig benim̄ t. –
Das war der diesjährig Führergeburts=
tag! Hoffentlich ist es der letzte dieses
Man̄ es, der die ganze Welt uns
Unglück gesturzt hat.
Wir wird es jetzt wohl Papa auf den
Anderen Seite ~gehen? Der Strom fehlt
Ja, man hat außer Gerichten keinerlei
Nachrichts.
[page 54]
Samstag, 21. April.
Morgens Teppierklopfen, putzen.
Mama geht nach Waldenbuch, kom̄ t eben
Schnell wie der zurück. Drin ist alles
voll Panzer, während es bei uns ruhig
ist. Fotos müssen zum Glück nicht, wie es
zuerst fieß, abgegeben werden. Samstag
Mittag ruhig.
Son̄ tag, 22. April.
Alle Män̄ er von 16-45 Jahren müssen sich
auf dem Rathaus melden! Werner auch.
Wir meinen schon, nun kom̄ en die
Mäuer fort, es wird aber verläufig wir
�aufgeschrieben. Wir hören, daß im
Ort drin (z. B. Bei Wieses) u. bei Frost=
Meister knödler Uhren, Schmuck u.
Geld von den feinden Soldaten geraubt wurden.
Deshalb verstecken wir jetzt unsere
weitvollen Sachen. Zum Kaffee gibt es
_ _ _ _ . Schlagrahm!!! Ein ungeahnter
Genuß! Und da zu begin̄ der HungersNot! Wir rahmen nun jeden Tag die
Vollmilch ab.
[page 55]
Montag, 23. April.
Mittags bekom̄ t Mama beim Bäcker Boot.
Man hört, das Waldenbuch in der Umgegend
fast der einzige unversehrte Ort ist. Schön=
eich soll ganz zerstört sein. Breuend wur=
de uns jetzt die Kriegslage in interessieren.
Dienstag, 24. April.
Morgens kom̄ t schlimme Nachricht. Eine
Menge Marokkaner haben in der Nacht
in Waldenbuch übel gehaust u. Frauen
u. Mädchen vergewaltigt. Bald kom=
men die abenteuerlichen braunnen
Gestalten auch in die Liebenau, holen
sich alle Hühner, durchsuchen die Häu=
ser usw. Ich muß mich nun ganz ver=
borgen halten. Wen̄ Marokkaner ins
Haus kommen, gehe ich gleich auf die
Bühne. Auch in unserer Wohnung wählt
�einer alle Schubladen durch u. nim̄ t
einen Fotoapparat u. eine Uhr mit. Nafzer
sämtliche Hühnen sind fort. Wir liegen
abends angezogen ins Bett, aber die Nacht
verläuft zum Glück ruhig.
[page 56]
Montag, 2 Mittwoch, 25. April.
Auch heute muß ich mich den ganzen Tag
Verborgen halten, den die Marokkaner
sind noch um den Weg. Mama bekom̄ t
imn Waldenbuche ein Menge Fleisch.
Don̄ erstag, 26. April.
Wieder den ganzen Tag daheim. Die
Marokkaner treiben noch im̄ er ihr Anwesen. In Waldenbuch wird viel ge=
plündert. Mama muß jetzt alle Gange
nach Waldenbuch u. Glashütte machen, viel
ich nicht zum Haus hinaus darf. – Morgens
fabrizieren wir aus abgeschöpften Rahm
¼ k Butter!
Freitag, 27. April.
Frau Nafzer richtet das Zim̄ er neben uns
neu ein. So Wir helfen dabei. Die
alten Möbel werden auf die Bühne ge=
stellt, die anderen aus dem Berghäusle
unter einigen Wolkenbruchen herunter=
geschafft.
Samstag, 28. April.
Die Marokkaner sind zum größten Teil wieder
�Fort. Es sei jezt Gendarmerie im Ort.
Werne gräbt vor dem Gartenzaun ein Stick
[page 57]
Gresboden um, da wollen wir Kartoffeln
Pflanzen.
Son̄ tag, 29. April.
Daheim. Krönung des Tages: zum Kaffee
Schlagrahm.
Montag, 30. April.
Keine besonderen Ereignisse.
X
Ich nähe mir eine Schutze.
Dienstag, 1. Mai.
2 Franzos. Offiziere u. ein Menge Marokkaner
machen Haussuchung. Suchen das goldene
Parteiabzeichen von Herr Nafzer. Auch bei
uns wühlen sie alles durch u. lassen dabei
Papas schönsten Fotoapparat, die „Petina“, meinen Füller, viele Filme u. a. mitlaufen.
Mein Füller fehlt mir sehr. Ich wollte nun
mit Großmama’s schreiben, halte ihn von
der Bühne u. probierte ihn. Dabei ließ ich
ihn ungeschickterweise auf dem isch liegen.
Ganz unerwartet kamen die Offiziere an
Abend nochmal, verlangten unsere Schall=
platten, von denen sie 3, darunter das
„Laudate dominum“, mitnehmen, sarei
den 2. Füller u. Werners Füllbleistift!
Aber wir müssen uns alles gefallen lassen
[page 58]
�die Frazosen reichen sich für 1940!
Mittwoch, 2. Mai
Keine besonderen Ereignisse.
Don̄ erstag, 3. Mai.
Morgens gehe ich zum 1. Mal seit langer
Zeit wieder in den Ort hinein. Die Ma=
rokkaner u. Franzosen sind jetzt fort. Große
Frage: Was kom̄ t noch? Ich kaufe unter
den Ansturm der Menge Boot. Dann hole ich
mit Werner in Glashütte Kartoffeln. Mittags
muß Werner mit aller Män̄ er von 15-55
antreten u. die Wälder durchstreifen nach
militärischen Gegenstunden. Dabei hört
er allerhand Interessantes: Hitler habe
Gehirnblutungen (???!!!), München,
Salzburg amerikanisch, fast alles an
deutschen kapituliert bedingunglos.
(Italien, Norwegen, in den letzten 5
Tagen 150 deutsche Generäle gesampte!)
Es kan̄ sich bloß noch im Tage handeln.
Wie es wohl Papa geht?
Freitag, 4. Mai.
Es gibt wieder Lebendmittelkarten.
Magern Zuteilungen: 150g fleisch in
[page 59]
der Woche! Mittags stricke ich in der
vollig geheizten Stube. Seit einiger
Zeit ist es draußen so empfindlig kalt,
daß fest alle blühenden Bäume erforren.
�X 30. April.
Morgens hören wir, daß in der Kist ein
auf Posten stehende Marokkaner von einer
unbekan̄ ten angeschoffen wurde. Große Besteigung:
Was für strafmaßnahmen werden die Fran=
zosen treffen? Mittags schellt der Büttel aus:
Jede Familie muß 200 Rm zahlen!
Nafzers räumen an diesen Tag ihre Wohnung
Wieder friedenmäßig ein mit prunkvollen
Möbeln , echten Teppichen u. viele, vielen
Porzellansipupen. Abends bewundern wir
die Pragt.
—
Samstag, 5. Mai
Es heißt, es sei Waffenstillstand.
Wer hätte noch vor einigen Jahren sich
das Kriegsende so vorgestellt?
Mittags daheim.
Son̄ tag, 6. Mai.
Das Wetter wird wärmer. Nachmittags
[page 60]
Kleiner Spaziergang.
Montag, 7. Mai.
Große Wäsche bei Nafzers. Morgens gehen
wir nach Waldenbuch, liesen Unifor
men ab u. kaufen ein. Nachmittags
holen Werner u. ich im Wald jedes einen
Rucksack voll Tannenzapfen. Schönes warens
Wetter. Abends nach Glashütte.
�Dienstag, 8. Mai.
Morgens nähe ich. Nachmittags helfe ich
Bei Maureis wo wir im̄ er Milch holen
auf dem Feld. Wir verklopfen Schollen u.
hacken Rüben. Es sind nette Leute. Beim
Wesper (dicke Butterbrote!) hören, wir von
einem Elsößer Franz. Soldaten, daß tat=
sächlich jetzt Waffenstillstand ist!
Es kom̄ e 2 herzige junge Geißlein auf die Welt!
Mittwoch, 9. Mai.
Heute haben wir eine Riesenmäsche. Alle
3 müssen wir fest erleiben, Werner u.
ich wirden, hingen auf u. ziehen die
Wäsche wieder ab. Es [1 word illegible] alles im
Handumdrehen. Morgens muß ich 2 mal
[page 61]
nach Waldenbuch 1. Setzlinge kaufen, 2. Die
Radio auf dem Rathaus abliefern. Hoffent=
lich dürfen wir sie wieder holen! Die Fran=
zosen ziehen jetzt ab u. Amerikaner
sollen kom̄ en, es heißt eine Besetzung
on nur 5000 wan̄ für ganz Württemberg.
Im Geistenstall schon wieder ein freudiges
Ereignis: Nochmals zwei Geißlein geboren!
Don̄ erstag, 10. Mai.
Zum erstenmall seit Jahren, wird Him=
melfahrt wieder als Fesstag begangen.
Bei heißem Son̄ enschein sind wir
Nachmittags im Garten.
�Freitag, 11. Mai.
Nachmittags gehe ich mit Mama in
die Tan̄ enzapfen. Schönes Wetter.
Samstag, 12. Mai.
Nachmittags im Eigestuhl im Garten.
Herde u. Amite Wiese kom̄ en u. bringen
Uns Kopfsalut. Ich begleite sie noch
ein Stück. Abends, als alles noch
gießend u. die Abendkühle geneßend
[page 62]
Im Garten meilt, kom̄ t der Strom wieder!
Son̄ tag, 13. Mai.
Nachdem Mittagessen gehe ich den Berg
hinauf. Die Wiesen stehen jetzt überall
in Blute u. wir haben die Wohnung
voll bunten Sträuße. Oben lege ich mich
im Strandanzug in ein Wiese am
Waldrand. Das ist wunderschön! Ich lese
u. näse mir Strehschuhe. Später kom̄ en
Mama u. Werrner u. wir machen noch
einem Waldspaziergang. Abends be=
kom̄ e ich einen Brief von An̄ emarie
[1 word illegible], den eine Tante von ihr auf der
Durchwenderung in Waldenbuch abgege=
ben hat. An̄ e hat die letzte Zeit gut
überstanden.
Montag, 14. Mai.
Morgens bügle ich. Nachmittags
Gehe ich wieder zu Maurers nach Glas=
�hütte u. mir hacken Rüben.
Dienstag, 15. Mai.
Mama u. ich brechen schon um ¾ 6 Uhr
auf nach Steinenbron̄ , wo es in der
Gärtenerei Tanntensetzlinge gibt. Dem
[page 63]
Weg ist schön - Son̄enaufgang. Nach
2-stundigen Anstehen unter großer
Menschenmenge bekom̄ en wir schöne
Pflazen. Auf dem Heimweg nehmen
wir wie der Tan̄ enzapfen mit. Nachmittags
bin ich wieder bei Maurers zum Rüben=
hacken u. bekom̄ e Abends zur Belohnung
sogar ein Stück Butter! An diesem Abends
kom̄ t auch ein Nachrichts von Treibers
denen es gut geht. Abends im Garten To=
maten= u. Salatsetzen.
Mittwoch, 16. Mai.
Zum Essen gibt es S selbstgezogenen
Spinat, der erste Polze Ergebnis unseren Gartenbaukunst! Abends wird
bekan̄ t, daß die Radios wieder geholt
werden dürfen. Allabendlich muß ein
Garten gegessen werden, da das Wetter
heiß u. trocken bleibt.
Don̄ erstag, 17. Mai.
Vormittags holt Werner bei Wieses
Das Radio, des Hans-Dieter für uns
vom Rathaus geholt hat. Alles ist froh,
�als nun das Radio wieder da ist u. wir
wieder Nachrichten hören kön̄ en. Mama
u. ich sind morgens in der Geistmangel.
Nachmittags holen Werner u. ich wieder
[page 64]
Tannenzapfen im Wald, wo sie wie
gesüt liegen.
Freitag, 18. Mai.
Wir putzen das Wohnzimmer gründlich,
klopfen Toppisch, naschen Vorhänge u.
putzen Fenster und Türen. – Die
Abendmilch muß jetzt auch abgeliefert
werden, wir dürfen nicht mehr nach
Glashütte zum Milchholen, sondern be=
kom̄ en wieder Magermilch.
Samstag, 19. Mai.
Vormittags putzen u. mit Mama
in Waldenbuch. Nachmittags kom̄ en
wieder Marokkaner hineher auf dem
Rückmag. Sie bleiben für unbestim̄ te
Zeit, dürfen aber nicht mehr plündern.
Pfingstson̄ tag, 20. Mai.
Ruhiger Tag zu Hause mit kuchen
u. gutem Essen. Nachmittags gehen
wir auf den Berg hinauf, wo wir
ungestört sind u. niemand belästigen
(Seit einiger Zeit hat Frau Nafzer aus
[page 65]
umklärlichen Grunden einen Pik auf uns)
�Abends bekom̄ en Mama u. ich bei Frau
Laich in Glashütte Milch, durfen jeden
Mittwoch u. Son̄ tag jetzt kom̄ en. Anschlie=
ßend gehen wir noch schnell nach Wal=
denbuch zu Wieses u. verlegen unseren
geplanten Besuch am Pfingstmontag wegen
der Schwerzen auf eine andere Zeit.
Pfingstmontag, 21. Mai.
Das Wetter verschlechtert sich zusehends.
Mittags begin̄ t es zu regnen. Wir sind
ruhig daheim, lesend u. strickend u.
Radio hörend. Alle Nachrichten werden
eifrig abgehört.
Dienstag, 22. Mai.
Mama geht morgens nach Waldenbuch.
Die Schweizen sind anständig. Abends
kom̄ t im Radio, daß bestim̄ te Kategorien
deutscher Kriegsgefangener entlassen
werden, darunter Män̄ er über 50 Jahre.
Nun kön̄ en wir hoffen, daß Papa auch
bald heimkom̄ t, das wäre ein größes
Gluck für uns u. unsere Stellung
im Hause.
[page 66]
Don̄ erstag, 234. Mai.
Kühles Wetter. Nachmittags sind Gerde
u. Anita Wiese einige Zeit da, was
uns den̄ von Frau N. sichtlich übelgenom=
men wird. Abends ankom̄ t Mama Herz=
�geschichten.
Freitag, 25. Mai.
Mama muß in Bett bleiben. Morgens
mache ich den Haushalt. Nach dem Essen
muß ich helfen Kartoffelkäfersuchen.
Die Führung hat Angelika Müller. Wir
mussen jeden Kartoffelsock genau un=
tersuchen und finden ziemlich viele Käfer
u. Eier. Nachmittags muß sich Werer auf
nach Glashütte. Der Wunsch nach Papas
kom̄ en wird im̄ er dringender.
Samstag, 26. Mai.
Mama liegt weiterhin recht müde im
Bett. Wir suchen sie um allehend guten
Sachen zu ernähen. Sie ist ganz mager.
Morgens putze ich u. gehe dan̄ zum Ein=
kaufen. Es gibt Butter!
[page 67]
Gleich nach dem Essen gehe ich wieder nach
Glashütte zu Maurers. Wir hacken Kar=
toffeln. Das gute Wesper u. die Milch,
die ich abends mitbekom̄ e, sind nicht
zu verachten.
Son̄ tag, 27. Mai.
Mama muß ich im̄ er noch im Bett blei=
ben. Auf diese Weise kom̄ t sie auf
nicht mit Frau N. zusam̄ en. Die Stim=
mung ist im̄ er noch gespan̄t . Nach=
mittags gehen Werner u. ich in den
�Wild u. machen die 2 Raumunter Holz,
die uns zu gewiesen sind, aus findig.
Sonst ruhig zuhause. Abends in Glashütte.
Montag, 28. Mai.
Morgens beim Bäcker, dan̄ kom̄ t der
Haushalt. Nachmittags gehe ich
Wieder zum Kartoffelhacken u. kann
es nun schon besser wie das erstemal.
Als ich abends heimkom̄ en, wartet
meiner im große freudige Überraschung:
Was wir im̄ er gehofft u. doch noch nichts sobald zu
glauben vermacht hatten, ist geschehen:
Papa ist heimgekom̄ en!!!!
Nun ist unsere Freude riesengroß.
[page 68]
die das ist auch für Mama die beste Me=
dizin. Papa steckt in einem Anzug
von Onkel Herman̄ u. muß natürlich
erzählen, was er erlebt hat: Er kon̄ te
sich kurz vor der Besetzung von seinem
General beurlauben lassen, nachdem
alle Flugplütze verloren waren, die
Leute durchgegangen waren u. er
somit keine Pflicht mehr hatte. Er
fahr dan̄ von Kristentshafen nach Wan=
gen i. Allgäu, wo er bei einem Studien=
rat Enderle einige Tage zu brachte.
Als er merkte, daß man noch nach
Ravensburg gelangen kon̄ te, führer
�mit einem angehaltenen Auto dorthin
u. uberlebte die Er Besetzungszeit bei
Tante P Clare als Zivilist. 2 Stunden vor
dem Franzoseneinmarsch kon̄ te er noch
6 Jahre Krieg nach richtig von der Wehrmacht
Entlassen werden! Sobald es möglich
war, halte er sich einen Passierschein
nach Waldenbuch u. kon̄ te sogar mit dem
Zug in 3 Tagen bis Untertürkheim fahren.
Herman̄ je. ging stiften u. kam nach Hause
[page 69]
u. ging vom Lazerett aus in Gefangenschaft. –
Von Untertürkheim aus fahr Papa noch
Stuttgart u. machte überall Besuche: bei
Schwenkels, Onkel Alfreds, Dr. Metzgers,
Bäuerles u, in der Seestraße usw. Alle
Haben die Zeit soweit gut überstanden, wen̄
sich auf die Franzosen in Stuttgart nicht
sehr schön aufgefährt haben. Von Herr
Bäuerle, den er sogar gleich zu erstaich
der Straße traf, hörte Papa das sehr er=
freuliche, daß Herr Bäuerle Kultminister
werden soll! Und Papa soll auch so
bald wir möglich beim Kultminister=
ium mitarbeiten! Wie ist das schön!
Wir sitzen in sehr glücklicher Stim=
mung lange zusam̄ en u. trinken
zur feier des Tages noch ein Flasche
Wein. Papa ist gesund u. munter.
�Nun ist also die Familie wieder ver=
eint. Er Wir kön̄ te wir glücklich u.
dankbar sein, daß wir nun so ver=
hältnismäßig gut den Krieg über=
standen haben!
[page 70]
Dienstag, 29. Mai.
Es nicht bei uns schon eine ganz an=
dere Luft. Durch das bloße Erschei=
nen Papas ist auch die Stellung zu
Nutzers wieder besser. Frau N. wird
wieder freundlichen. Morgens muß
Papa nach Waldenbuch u. sich auf dem
Rathaus melden. Zum Mittagessen
gibt es Käsespätzle! (Papa brächt etwas
geriedenen Käse aus dem Allgäu) Ein
Hochgenuß. Nachmittags bin ich wieder
beim Hacken u. bringe abends kuchen
mit. Den ganzen Abend erzählt uns
Papa wieder von seinen Erlebnissen.
Mittwoch, 30. Mai.
Die Eltern gehen morgens nach Walden=
Buch. Papa möchte einen Passierschein
nach Stuttgart für den nächten Tag, be=
kom̄ t ihn aber noch nicht, erst für Freitag.
Wieder bin ich nachmittags beim Kar=
toffelhacken. Vor einem plötzlichen Parken
Gewitter retten wir uns gerade noch
zu uns heim. Als es wieder trocken ist,
�[page 71]
wird weitergehackt. Am Abend liegen
wir zu viert in den Ehebetten u. Papa
erzählt wieder sehr ausführlich u. inter=
ressant. Das kan̄ er wunderbar.
Don̄ erstag, 31. Mai.
Ein ziemlich regnerischer Tag. Mama
liegt mittags wieder im Bett, aber
es geht ihr schon erheblich besser. Nach=
mittags werden Bücherschränke ge=
räumt.
Freitag, 1. Juni.
Papa u. ich brechen schon um ½ 7 Uhr
auf nach Stuttgart. Frau Frisch mit
Hiseln geht auch mit. Wunderschone
Morgenwanderung nach Echterdingen
u. von da uns mit der Straßenbahn
nach Stuttgart. In der Bahn treffen wir
gleich Herr Kleemann. Er spielt wieder
in Staatstheaterorchester mit, das zur
Zeit für die Besatzung spielt. Aber
bald, werden auch wieder Konzerte für
des Publikum sirn. In der Stadt tren̄ en
[page 72]
wir uns, Papa geht zum Kultministerium,
ich zu An̄ emarie [1 word illegible]. In Stuttgart
blühen schon überall die Posen, [1 word illegible]
u. Obst reifen schon, aber es wim̄ elt
von Franzosen, die auch die schönsten
�Häuser bezogen haben. An̄e [1 word illegible] ist
zum Glück daheim, die hat eine wirklich
große Freude über meinen Besuch. Sie
haben bis jetzt alles ganz gut über=
standen. An̄ e ist jetzt dan̄ auf dem
Architektenbüro ihres Vaterstätig u.
zeigt mir voll Stolz die Pläne für
den Wiederaufbau ihres Hauses in der
Dillman̄ straße. Ich bekom̄ e prima Kir=
schen vorgesetzt. Aber bald muß ich
weiter zum Weißenhof. Dort treffe
ich zuerst niemand an aber dan̄
kom̄ en bald Anni u. Mechtild Eickenscheide.
Sie haben in der ersten Zeit der Franzosen=
besetzung ziemlich viel mitgemacht,
besonders am Weißenhof haben die Fran=
zosen übel gehaust u. geplündert, Män̄er
gefangengehalten u. mißhandelt usw.
[page 73]
Gesund war auch eine Zeitlang da, ist
aber jetzt wieder noch Hülben, von Hil=
degard abgeholt. Ein Glück, daß Schwenkels
Haus den Krieg überdauert hat. Sie haben
auch Einquartierung. In eigenen
Gasten u. Nachbargarten haben sie Gemüse
gepflanzt. Etwa um 3 Uhr mussen wir
weiter, zu erst in die Seestraße u.
dort verschiedene Sachen holen, dan̄ geht
Papa zu G. Bäuerle u. ich zu Onkel Al=
�freds, wo wir uns dan̄ wieder treffen.
Onkel Alfeds Haus ist nu inmitten von
lauter Trüm̄ ern einsam stehengeblie=
ben. Wir kon̄ en gerade zum Kaffee, Stu=
dienrat Schmid von Weißenhof kom̄ t
auch. Politische Gespräche. Alles ist
jetzt erleichtert u. froh, offen seine
Meinung sagen zu kön̄ en.
Aber nun altes fort. Wir fahren
Mit der Bahn wieder bis Echterdingen
u. wandern nach Hause. Unterwegs
Bolkenbuch (Montelkomödie!). Daheim
Nachessen u. großes Erzählen.
[page 74]
Samstag 2. Juni.
Morgens putzen u. kochen. Regen.
Mittags gehe ich noch aufs Feld, wo
Maurers Ruben setzen. Abends machen
Wir noch ein Tauschgeschäft mit einem
Marokkaner, der uns für ein 5RM-Stück
etwas Schokolade, Kaffee u. Tabak bringe.
Überhaupt macht alles Geld, u. ander
Tauschgeschäfte mit den Marokkanern,
die zum Teil recht ordentliche Kerle
sind u.
Sonntag, 3. Juni.
Nachmittags sind wir bei Wieses ein=
geladen. x Es ist ein recht netter unter=
haltender Nachmittag bei Kuchen, Schoko=
�ladeeis u. einem fabelhaften Nudelauf=
lauf als Nachtessen. Aber die Marokkaner
sorgen ja mit für die Ernährung,
Abends noch nach Glashütte. x Mit dem von Anite
Geretteten „Laudate Dominum“ werden wir begrüße!
Montag, 4. Juni.
Nachmittags mit Maurers auf dem Feld
beim „Ölmagen vernisa“ (Mohn ver=
ziehen), wobei man ganz treuzlichen wird
die Eltern holen mich abends ab.
[page 75]
Dienstag, 5. Juni.
Papa geht nach Stuttgart. Morgens
großer Krach . . . . . Nachmittags bin
ich wieder mit Maurers auf dem
Feld, Ölmagen verziehen u. hacken.
Papa kom̄ t abends von Stuttgart zu=
rück mit der Nachricht, daß er in
Vaihingen eine passende, schöne
Wohnung gefunden habe. 4 Zimmer
mit schönem Bad u. Büche, unter
im Haus ein Lebendsmittelgeschäft.
Es wärefein, man̄ das klappen
würde! x Durch Herr Treiber.
Mittwoch, 6. Juni.
Die Eltern gehen beide schon frühfart
nach Vaihingen zur Besichtigung
der Wohnung u. zum Wohnungs=
amt. Ich bin nachmittags, beim
�Rübenhecken. Große Hitze. Die
Eltern kom̄ en abends zurück, die
Leute werden uns gern in die
Wohnung nehmen, aber da sie durch
aus politischen Gründen freiwürde,
(es war ein ST-Führer dein) kan̄ es sein
daß sie von Wohnungsamt auch wieder
[page 76]
so vergeben wird (an KZ-Sträfglinge oder
zuden, der Besetzung). Nun heißt
es abwarten. Wir wurden ja gern
jetzt im Som̄ er noch in Waldenbuch
bleiben, in der schönen Gegend u.
etwas abseits von den jetzigen Un=
ruhen u. Mängeln des Stadtlebens
aber wen̄ wir die Wohnung in dem
anscheinend schönen Haus bekom̄ en
kön̄ en, ist das ein großer Glücksfall
u. wir müssen gleich zugreifen.
Don̄ erstag, 7. Juni.
Morgens botanisieren wir mit Papa
auf dem Weg nah Waldenbuch. Die
Pflanzen werden dan̄ daheim wissen=
schaftlich bestim̄ t. Mittags schwitze ich
wieder auf dem Rubenfeld. Der Most
ist begehrte Lobung. Noch ein habe ich
so viel Most getrünken! Dazwischen=
hinein wird auf der ersten gemehrten
Wiese „geschähelt“. Der heult hat
�bigan̄ en.
[page 77]
Freitag, 8. Juni.
Schon morgens gehe ich nach Glashütte
Zum Heuen. Von einer Wiese zur
Anderen geht es zum „Verstreuen, um=
kehren, schächeln, werben“. Dazwischen=
hinein wird gut genespert u. getrunken.
Samstag, 9. Juni.
Das Wetter ist regnerisch, also wird
es nichts mit dem Heuen. Morgens
daheim, noch dem Essen gehe ich nach
Glashütte, kom̄ e aber gleich wieder,
da mit dem Heu nichts mehr gemacht
werden kann. Nachmittags werden
Pflanzen bestim̄ t.
Son̄ tag, 10. Juni.
Wetter morgens schön, bald aber
trüb. Wir sind die meiste Zeit da=
heim. Nach dem essen spielen wir
für Moham̄ ed, der ständigen Marok=
kaner-Hausgest klavier, was dem
großes Vergnügen macht. Gegen
Abend Spaziergangens Batoniesieren.
[page 78]
Papa will uns in Lauf des Son̄ es
die wichtigsten Pflanzen beibringen,
Werner u. ich kön̄ en uns aber nur
Schwer mit den lateinischen Namen
�vertraut machen.
Montag, 11. Juni.
Für den heutigen Tag haben Onkel
Alfreds ihren Besuch angesanft. Mor=
gens sieht das Wetter ganz land=
regenmäßig aus, so daß wir Angst
haben, unseren Kuchen u. Schlag=
rahm allein essen zu müssen.
Das trifft auch ein, da Besuch kom̄ t nicht,
der Kuchen war noch aufgehoben.
Dienstag, 12. Juni.
Papa in Stuttgart. Wir haben wieder
Ein aufregendes Erlebnis. 3 Franz.
Offiziere kom̄ en u. verhaften Herr Nafzer
u. nehmen ihn mit. Bei dieser
Gelegenheit durchsuchen sie auch das
Haus, nehmen einiges mit und
[page 79]
lassen ihre Wut über das dareinreden
Frau Nafzers in unseres Küche aus
wo sie alles Schublade ausleeren u.
heller, Schüssel u. Platten zusam̄ en=
hauen!
Nachmittags kehren Werner u. ich in
Glashütte auf Laichs Wiese schähle um.
Mittwoch, 13. Juni.
Vormittags bei Maurers. Da aber
im̄ er noch kein Heuwetter ist, gehe
ich mit zum Fütterholen. Mittags
�kom̄ en Onkel Alfred u. Elisabeth. Wir
setzen ihnen ein gutes Essen vor
u. zum Kaffee Kuchen mit Schlagsahne,
was natülich die wenig gut ge=
nährten Städter hoch entzückt. Nach
dem Essen kleiner Spaziergang durch
den Garten. Es ist ein recht netten
Nachmittag. Onkel Afred macht seine
üblichen Witzehen. Gegen Abends be=
gleiten wir die beiden bis zum Gehen=
hof und nehmen von daß einen Korb
Kartoffeln mit hin unter.
[page 80]
Don̄ erstag, 14. Juni.
Schöner Tag. Morgens kleine Wäsche
in der Küche. Deshalb Krach mit
Frau Nafzer, die sich im̄ er gemeiner
u. ordinärer entpüppt. Später bin
ich bei Maurers zum Heuen.
Freitag, 15. Juni.
Beim Heuen.
Samstag, 16. Juni.
Wieder den ganzen Tag beim Heuen.
Mittags kom̄ t auch noch Ingrid
Meller zum helfen. Die muß aber
alles erst noch lernen, während ich
mich schon „fast als bäuerin“ fühlen
kan̄ . Werner hilft bei der Familie
Laich heuen.
�Son̄ tag, 17. Juni.
Wir bekom̄ en wieder Besuch u. zwei
von der Familie Schwenkel (Onkel Hans,
Tante Martha, Gertrud u. Amei). Wir
Entzücken sie mit gutem Essen u. kuchen
mit Schlagsahne. Es wird ein sehr netter
Tag. Wir begleiten sie dan̄ bis zum
Gehenhof hinauf.
[page 81]
Montag, 18. Juni.
Heute ist ein sehr angestrengten Heutag.
3 große Wagen werden eingefahren. Den
Ganzen Tag sind wir auf den Beinen.
Das schönste ist des Heimfahren auf dem
bollbeladener Wagen, bloß kom̄ t dem
im̄ er das dicke Ende des Abladens nach,
wobei wir schwitzen u. Staub schlucken.
Abends kom̄ t Papa von Stuttgart, da mit
der betrüblichen Nachricht, daß es mit der
Wohnung wohl nichts wird.
Dienstag, 19. Juni.
Wieder beim heuen. Große Hitze,
viel durft, viel most, Son̄ en=
brand! Ingrid Meller, wie am Vortag,
auch dabei.
Mittwoch, 20. Juni.
Der letzte Heutag. Die letzte Wiese
wird eingefährt, allendings im großer
geht weil ein Gewitter droht. Wir
�helfen noch andern Leuten beim schächeln.
Abends suchen wir noch auf dem Maurer=
schen Kartoffelfeld Kartoffelkäfer. Wir
finden viele Lernen. Wie der Hund
fringt beinahe ein Reh. Die Eltern sind
in Stuttgart u. Dagerloch, auf Wohnungs=
suche.
[page 82]
Don̄ erstag, 21. Juni.
Ruhiger Tag.
S Freitag, 22. Juni.
Nafzers sind fort u. wir benutzen diesen
Tag zum Teppischklopfen u. Brickelzupfen.
das Verhältnis mit Frau Nafzer wird
unträglich mit der Zeit. Sie haßt uns
jetzt u. will uns um jeden Preis
draußen haben. Wir halten uns voll=
kom̄ en zurück u. sagen möglichts gar
nichts. Nachmittags sam̄ eln Mama
u. ich in der Nähe des Hosenhofs Erdbeeren.
Ergebnis: 3½ [1 word illegible]! Papa kom̄ t abends
Von Stgt. Mit der Nachricht, daß er jetzt
dan̄ jeden Tag ins Amtmuß.
Samstag, 23. Juni.
Morgens daheim. Unser Holz wird
von Herr Maurer abgeführt. Frau Nafzer
sagt, sie will sich von ihren Man̄ in
Böblingen Vollmechten haben, um uns
zu kundigen!x Abends hole ich in Glas=
�hütte Milch u. helfe beim Futterholen.
Sie brauche einen Schutz im Haus, wir
seien ihr nicht genügend beigestanden!
[page 83]
Son̄ tag, 24. Juni.
Morgens zeigen uns die Laichskinder eine
habelhafte himbeerstelle auf dem Besenberg.
Wir sam̄ eln am Vormittag 4 [1 word illegible], den̄ es ist
schon ziemlich abgesucht. Nachmittags spa=
ziergang zur „Suren“ (Herr Kaufman̄ ).
Unterwegs treffen wir Frau Wiese u. Frau
Heilsdörfer mit Korin.
Montag, 25. Juni.
Morgens sam̄ eln Werner u. ich 8 U
Himbeeren! Mittags daheim einkochen,
Kartoffelhacken. Nafzers in Böblingen.
Von den Kundigungsvollmachten ist nichts
zu meinen.
Dienstag, 26. Juni.
Morgens sind wir alle drei beim
Himbeersam̄ eln. Mittags daheim. Abends
kom̄ t Papa von Stuttgart. Er wohnt alle
2 Tage bei Schwenkels u. ißt auch dort.
Mittwoch, 27. Juni.
Mein Plan, ins Remstal zugehen, wird
wegen Regen u. Herzgeschichten von
Mama vereitelt. Frau Nafzer braucht
„dringend“ den Verschlag unter der Treppe
für ihren Staubsauger, so daß wir
�alle Koffer herausräumen müssen. Schekane!
[page 84]
Freitag, 29. Juni.
Ich fahr nach Groß-Heppach u. hole Träuble.
Mit der Straßenbahn bis Fellbach, dort bekom̄ e
ich ein Auto bis Waiblingen u. kom̄ e zu
fuß ans Ziel. Ich pflücke mir selber ≈20 [1 word illegible]
Träuble. Ellwangers sind sehr nett. Zum
Glück bekom̄ e ich sogar von Haus weg ein
Lastauto bis Fellbach. Schon um 4 Uhr bin ich
auf dem Schloßplatz. Da ich Papa nicht
treffe gehe ich zu Schwenkels. Dort ist er,
auch Hich [?] mit Ameile. Sie mußte in Hülben
Amerikanern die Wohnung räumen. Zum
erstaunen aller kom̄ e ich abends schon früh
nach Hause zurück.
Samstag, 30. Juni.
Einmachen, putzen usw. Mittags kom̄ t
Papa. Besichtigen der Wohnung, bei
Frl. Sophie Müller in der Liebenau, die
wir vielleicht haben kön̄ ten. Der Wunsh
die Nafzer verlassen zu kön̄ ten wird
im̄ er größer.
Son̄ tag, 1. Juli.
Mittags mit Dr. Gerlach, dem neuen
Waldenbucher Arzt (jung, sehr nett)
Bei Wieses eingeladen. An̄emarie Schum̄
hat Geburstag. Febelhafte Genüsse!
[page 85]
�Montag, 2. Juli.
Werner sam̄ elt Himbeeren. Einmachen.
Papa fährt mittags nach Stuttgart.
Dienstag, 3. Juli.
Morgens mit Gerde u. Hans-Dieter in
den Himbeeren. Regen. Szene Frl. Nafzer.
Nachmittags daheim.
Mittwoch, 4. Juli.
In Stuttgart. Mama läßt sich Dauer=
wellen. Ich gehe in die Seestraße, dan̄
beide zusam̄ en zu Schwenkels.x Auf dem
Heimng schleppe ich einen Rucksackvoll
gelben Rüben.x Großmama wieder da!
Don̄ erstag, 5 Juli.
Amerikaner machen in der Liebenau
Quartier für 100 Man̄ . Beschlagenahmen
≈ 6 Häuser an der Straße. Gefahr auch
für unser Haus; deshalb gehe ich abends
mit Papa noch nach Waldenbuch zu Bürgermeister Neff, es ist aber nichts bekan̄ t.
Freitag, 6. Juli.
Zur Vorsicht räumen wir etliche Sachen
zu Schopfs. Besetzung des Hauses wird wahrscheinlich, den̄ Frau Nafzer will es den Amerik.
Freiwillig anbieten (!!!). (Welch eine GelegenHeit, uns hinaus zubekom̄ en!) Ich gehe
[page 86]
Mittags nach Degerloch zu Krefs u. hole innen
Korb Träuble. Außerdem gehe ich einer Woh
�nungsmöglichkeit nach, was aber scheitert.
Als ich heimkom̄ en, wurde ich von der Bot=
schaft überrascht, daß Mama einer Wohnung
von 3 Zimmern in Schloß gefunden hat!
Nach langem Laufen am Abend bekom̄ t sie
sogar einen Traktor mit Anhänger für den
nächsten Tag, so daß wir schon vor der
Besetzung durch die Amis im Umzug be=
griffen sind.
Samstag, 7. Juli.
Umzug! Morgens fast hoffnungslosen
Regen. Um ½10 Uhr kön̄ en wir an=
fangen hinauszutragen. Mittlerweile
kom̄ en die Amis, nehmen tatsächlich das
Haus! Wir müssen bis 2 Uhr draußen [illegible insert] sein
u. gegützt haben. Frau Nafzer treibt, u. kan̄
uns nicht schnell genug draußen haben, während
sie den Garten plündert u. das ganze Haus
mit Blumen für die Amerik. Schmückt. Wir
schaffen unter stecker mit hilfe der Nachbar
schaft, Bes. H. Fritz u. H. H. Eisenman̄ , schleppen
Bücher zu Schafts, laden u. sind tatsächlich bis
2 Uhr fertig u. kehren dem Lieber Hause Nafzer
nach kühlen Abschied sehr leichten Gegens
den Rücken Ein so schlim̄ es, niedres Frauenzim̄ er wie die Nafzerin gibt es nicht so gleich
[page 87]
wieder. In den 3 großen Räumen im Schloß
treffen wir ein unvorstellbar Chaos an, das
�wir gleich zu lichten begin̄ en. Kurzer Besuch
von Frau Weise u. Anite.
Son̄ tag, 8. Juli
Mama ist morgens ab des grauenhaften
Krustes anzweifelt. Aber bis 12 Uhr haben un=
ser 2 Räume (das 3. ist noch nicht frei) ein men=
schenwürdiges Aussehen (Wohn. U. Schlafküche!)
Abends Spaziergang nach Glashütte u. Liebenau.
Man Wir hören, Herr Nafzer sei zurück. Alles
stam̄ t.
Montag, 9. Au Juli.
Der Herd wird gesetzt. Mit dem Handragen
holen wir 2 Fuhren voll Sachen bei Schopfs.
Papa ist den ganzen Tag noch da.x
Dienstag Mittwoch, 10. Juli
Das 3. Zimmer wird frei. Ich fahre nach
Groß-Heppach u. hole Träuble. Die Reise
geht glett mich Lastauto bis Waiblingen
u. auf dem Rückweg sogar mit amerik.
Militärauto bis Waiblingen Fellbach. Ich
bekom̄ e etwa 25 [1 word illegible] Träuble, die letzten! In
Stuttgart bei Papa u. Frl. Kupp.
Mittwoch, 11. Juli.
Regnischer Tag. Fenster u. 3. Zim̄ er putzen
u. einrichten (Schlafzim̄ er), Einmachen. Abends kom̄ t Papa.
x
Bei Nafzers, Wiese zahlen. Nafzer strahlend u. vorseinen
Unschuld überzeug, ist sehr liebenswürdig. Sie
das Gegenteil
�[page 88]
Don̄ erstag, 12. Juli
Morgens mit Werner Himbeersam̄ eln.
Ertrag 10 [1 word illegible]. Es gibt sehr viel. Nachmittags
in Nafzerschen Garten. Ernten u. Ordnung
schaffen in unserem Stück. Frau Nafzer
benim̄ t sich unmöglich u. sagt uns dauernd Unverschumtheiten, während er=
freundlich ist.
Freitag, 13. Juli.
Morgens holen wir mit dem Traktor
Frau Ottmüllers ub euber Fähre die
Sachen bei Schopfs. (Bücher!!) Mittags
Einräumen u. Ordnen (Bucherschrank!!)
Unsere Wohnung ist jetzt sehr nett u. gemütlich. x
Samstag, 14. Juli.
Vormittags mit Werner u. Hans-Dieter
Himbeersam̄ eln. (9 [1 word illegible]!) Mittags kom̄ t
Papa. Gemütlicher Kaffee. Nachricht: Eine
Wohnung in Vaihingen ist in Aussicht.
[1 word illegible] von uns: Oh weh, schon wieder um=
ziehen?
Son̄ tag, 15. Juli.
Heißer Tag, wir sind meistens faulen=
Gend daheim. Abends Spaziergang in
richtung Weil.
x
...teil [?]: keine Wasserleitung u. kein Ausguß.
[page 89]
Montag, 16. Juli.
�Werner in Stuttgart. Besichtigt mit Papa
die Vaihingen Wohnung. Die sei schön und
modern.
Mittwoch, 18. Juli
Mittags geanwaschen. Als ich gerade beim
Trocknen bin, kom̄ t Wilfried Schleicher. Er
ist von Lübeck aus entlassen werden u.
wohnt nun in Vaihingen. Meiß natürlich
von keinem seiner Familienglieder et=
was. Tante Erika wird in russischen
Gebiet sein. Kleider wurden ihm in
Vaihingen gestohlen. Gemütl. Kaffee.
Don̄ erstag, 19. Juli.
Nachmittags fährt Herr Maurer endlich
unser Holz von der Liebenau ins Schloß.
Wieder einige Unverschämtheiten Frau Nafzers.
Abends Holz beigen. Abends Glashütte (3x wähentlich [?]
darf ich bei Maurers Milch holen) Dr. G.
Freitag, 20. Juli.
Mit Mama in Stuttgart. Bei Fraulein Rupp
(kleider anprobieren), bei Göttrer [?] locher,
dessen Haus schwer getroffen ist (Bohnen).
In Vaihingen besuchen wir Frau Treiber
u. besichtigen die Wohnung im Hause Schare,
die uns in Aussicht sieht. Sie ist schön (Badezim̄ er!!, Küche!) Heimweg mit Frl. G. Müller.
[page 90]
Samstag, 21. Juli
x
Morgens Haushalt. Küchenbacken für
�morgigen Besuch. Waffendurchsuchung
im ganzen Ort. Aus Schloß kom̄ eben
niemand. x Werner sam̄ elt Himbeeren.
Son̄ tag, 22. Juli.
Himbeerküchen belegen - - . Mittags
Familie Wiese u. Dr. Gerlach zu Besuch.
Schlem̄ erischer Kaffee. Netter Nachmittag.
Meine u. Werners „Werk“ werden gezeigt,
platten gehört.
Montag, 23. Juli.
Die Getreideernte begin̄ t. Ich helfe wieder
wie versprochen, bei Maurers. Gerste u.
Habengerste werden geschnitten, ich muß
mit Willi das Gemüste „wegnehmen“.
Dienstag, 24. Juli.
Den ganzen Tag bei der Ernte. Wieder
schreiden.
Mittwoch, 25. Juli.
Wieder bei der Ernte. Sehr heiß. Mittags
Wird eingeführt. Ich muß „uffbäkle“,
[page 91]
antragen, Ahrenlesen. Abends kom̄ t Papa:
die Vaihinger Wohnung ist genehmigt. Geteilt
Gefühle unserrseits. Aber wir dürfen einen
solchen Glücksfall nicht hinauslassen u. müs=
sen eben bald wieder umziehen.
Don̄ erstag, 26. Juli.
Morgens dauerwellen. Mittags bei der
Ernte. Beim Einführen kom̄ t ein furcht-
�bares Gewitter mit Volkenbruch. Naß bis
auf die Haus. Heim zum Traknen. Abends
noch beim Mühen.
Freitag, 27. Juli.
Morgens bei Maurers Strumpfe stoffen, dan̄
einführen. Herr Maurer braucht micht jetzt
nicht mehr dringend, so kan̄ ich zum Ahrenlesen. Werner u. Mama sam̄ eln an
dem Tag 17 [1 word illegible] Ähnen.
Samstag, 28. Juli.
Morgens mit Werner u. Frau Scholl beim
Ähnenlesen. Naß. Mittags putzen, daheim,
Regen. Papa kom̄ t abends: Herr Weller
aus d. Liebenau, der harmlos durch uns
von der Vaihinger Wohnung erfähr, macht
sie uns als nicht-PG streitig. Die Sache
ist nun wieder an Frage gestellt.
[page 92]
Son̄ tag, 29. Juli
Ruhiger Son̄ tag daheim.
Montag, 30. Juli.
Morgens u. Mittags beim Ähnenlesen.
Wettlauf der Ähnenleser hinter dem ge=
ladenen Magen! Abends Gliederweh!!
Dienstag, 31. Juli.
Papas Geburtstag. Er kom̄ t aber nicht
heim. Ähnenlesen.
Mittwoch, 1. August.
Stubes Wetter. Kurze Zeit Ähnenlesen.
�Abends geburtstagsfeier mit Werner
u. Papa. Die Vaihinger Wohnung
ist nun doch endgultig genehmest.
Don̄ erstag, 2. August.
Werners Geburtstag. Schon um 11 Uhr
zum Ähnenlesen. Ergiebigster Tag (23 [1 word illegible]).
Die freundl. Familie Ruck läßt uns
viele schöne Ähne liegen, im Gegensatz
zu anderen Bauern, die den armen Lesern
gar nichts gön̄en. Am 5 x zum guten
[page 93]
Kaffee heim. Am 10 Uhr jage uns noch die
Gingend der Familie Wiese mit ihrem Gratu=
latierensbesuch aus dem Best.
Freitag, 3. August.
Morgens Ähnenlesen. Es ist nun nicht mehr
viel, die Ernte is vorbei. Gesamtergebeis
≈ 1 ztr. Ähne! Abends machen wir
kle. Besuch bei Wieses. Es wird bei Tee
u. Brezelchen riesig gemütlich. Wir radebrechen
mit einem Amerikaner, den Anita, die
„Dolmetschein“ mitbrachte.
Samstag, 4. August.
Werner u. ich mit den Räder in Stuttgart
bei Locher u. in der Seestraße. Fert Herr
Heimtel ist da, er erzählt uns von seinen
Erlebnissen. Er will sich unser Umständen
in der Seestraßenruine wieder einrichten.
Den̄ in die Stadt, bei Papa, Mittag-
�Essen in Frank. [1 word illegible] Werkt! Dan̄
auf den Weißenhof. Nachricht von Ulrich
ist da: Er liegt verwundet in Lübeck
bei der Eltern Engländern. Große Freude!
Hildegard u. Onkel Hans in Steibis. Ameile
geldig. Papa U das Schwenkel’sche Haus
vor allem die Zim̄ er der Töchter, sind
wieder schön eingerichtet. Papa bringt
[page 94]
Abends die Nachricht, daß wir die Dachkam̄ en
in Vaihingen nicht bekom̄ en. Frage: Wo
kom̄ t der Krust hin?
Son̄ tag, 5. August.
Pläne für die Einrichtung unserer Vaihinger
Wohnung werden gemacht. Nachmittags Besuch
von Mera Heimtel. Heimtels waren über
die Besuchung in Unlingen bei Riedlingen.
Mera bleibt zum Kaffee da, nacsher begleiten
Werner u. ich sie fast bis Echterdingen.
Montag, 6. August.
Werner u. ich fahren mit den Rädern nach
Plattenardt. Nach langem vergeblichen
Fragen bekom̄ en wir 8 [1 word illegible] gelbe Pfläumen
u einige Apfel. Den̄ fahren wir noch nach
Sielmingen zu Frau Gölkel. Sie hat jetzt mit
Gerlind, die bei Bauernhilft 2 schöne Zim̄ er
u. Küche. Als PG muß sie manche Befurchtun=
gen haben, ihre Man̄ hat das goldene Parteiabzeichen, ist in Amerika. – Nachmittags
�Wasser kalt u. schmutzig.
[page 95]
Dienstag, 7. August.
Mama fährt nach Stuttgart zum Zahnegt.
Werner u. ich daheim. Abends zu Wieses
zum Spielenachen zus. mit Dr. Gerlach u. seiner
Frau, die vor Oberstdorf gekom̄ en ist. 3 Amenrik.
Leutnants sind auch da. Wir machen Gesselschaftsspiele u. sind sehr lustig!
Nafzer u. Knödler verhiftet!
Mittwoch, 8. August.
Morgens Wäsche einlagen. Regen. Nachmittags
lesen, stricken, abends kom̄ t Papa.
Don̄ erstag, 9. August.
Große Wäsche! Aber endauernder Regen.
Wir kön̄ en nichts ins Frei hängen, so wird
unser Wohn. u. Schlafküche als zum Trockenraum
für dientwäsche.
Freitag, 10. August.
Morgens bis zum Regen Wüsche aufhängen
die zum Teil trocken wird. Waschluche putze
Mittags bugeln. Abends kom̄ t Wilfried,
da eine Radpan̄ e hatte u. ubernachtet auch
bei uns.
Samstag, 11. August
Werner u Wilfried fahren nach mißlun=
genern Aufbruch um 6 Uhr, etwa im 10 Uhr
ab. Werner holt in Stuttgart Bohnen.
[page 96]
�Einkaufen, anstehen . ., backen,
putzen. Abends kom̄ t Papa. Die Vaihin=
ger Wohnung ist frei, wir kön̄ en schon
bald einzehen. Wir bekom̄ en 10 [1 word illegible] Bohnen von
Frau Ruck, Werner bringt 10 [1 word illegible], alle werder
noch am Abend geputzt.
Son̄ tag, 12. August.
Vormittags Bohnen kochen u. aufhängen,
usw. Mittags kleiner Spaziergang,
Besuch bei Herr Leiblin (Harigbrote?)
Abends kleiner Besuch bei Wieses.
Alles fährt morgen nach Stuttgart!
Montag, 13. August
Am 6 Uhr Abfahrt auf überfülltem lest.
Wegen zus. mit An̄emarie Schum̄ .
Ab Leinhelten Straßenbahn. Zusammentreffen
mit Fraulein Uhland. Sehr nett. Werner
u. ich räumen das jetzt helle Zim̄ er in
der Seestraße auf u. putzen darin. Furchtbarer Krust u. Streck. Um ¼[1 word illegible] Uhr treffen
mit der Jugend der Fam. Wiese u. Nikola.
Mittagessen u. anschließend Kinobesuch.
Marikka Rökk im „Hab mich lieb“. Sobi!
[page 97]
Werner besucht Han̄ a Meyer. Ich schaue noch
Rose Göhrum, treffe aber mir Frau Göhrum
Rose ist im Zeit.
an. Die Wohnung ist stark beschädigt bei
Ruth Sauer ist niemand da, aber zufällig
�treffe ich sie nachher am Olgank. Sie machte
bei der TH Aufräumungsarbeiten. Dan̄
Heimfahrt u. Weg mit Wieses zusam̄ en.
Dienstag, 14. August.
Vormittags waschen, Bohnen dörren usw.
Nachmittags in Plattenhardt. Wir bekom̄ en
einen Rucksackvoll ziemlich kleine
saure Äpfel. Abends kom̄ en Wieses.
Wir machen Gesellschaftsspiele.
Mittwoch, 15. August.
Morgens in Plattenhardt. Wir bekom̄ en
Äpfel u. Birnen. Dan̄ auf den Hosenhof,
wo wir 70 [1 word illegible] Kartoffeln holen. Im̄ er
sind wir für die Ernährung unter=
wegs! Abends kom̄ t Papa. Herr [two words illegible]
sich des Leben genom̄ en.
Don̄ erstag, 16. August.
Werner u. ich fahren mit den Rädern
nach Großsachsenheim. Ein Weg 50 km.
Abfahrt 6 Uhr, Ankufcht ¼11 Uhr. Unterwegs
nähren wir uns von Apfeln – die Bäume sind
[page 98]
überall von Obst. Zuerst gehen wir zu Frau
Merz, um nach unseren Sachen zu sehen u.
den baldigen Abtransport anzukündigen.
in Großsachsenheim ging es in der ersten Zeit
der Besetzung schlim̄ zu. Frau Merz setzte
sich sehr für unsere Sachen ein. Ihr ver=
danken wir es, daß außer einigen Klei=
�den nichts von unsere Sachen gepfündert
ist. S Frau Merz gibt uns sogar 10 [1 word illegible] Raps für
2 l Öl (!!!!!) u. Birnen mit. Sie ist sehr nett.
Frau Metzger treffen wir in großer Eile an.
Sie muß nach Ludewigsburg, wo da. Häußer=
man̄ (SS) verhaftet ist. Unser Kisten bei
Metzgers sind fast vollständig geplündert.
Auf dem Rückweg fahren wir über Korn=
sel. Han̄ a Reser treffe ich an. Sie pflust
ihre schwerkranke Mutter. Frl. Pröbiuß ist
in Teinach, Onkel Gotthilf auch nicht da.
Das letzte Ruck ist vollends an Schlauch,
um 6 Uhr kom̄ en wir ziemlich müde,
mit Rucksäcken voll Äpfeln daheim an.
Freitag, 17. August.
Morgens putzen, usw. Nachmittags im
Wald am Meiler Berg. Tan̄enzapfen sam̄ eln.
[page 99]
Abends bei Frau Ruck Gemüse holen.
Samstag, 18. August
Werner holt in Stuttgart Tomaten. Ich muß
bei Raith morgens ≈ 1½ Stdn. anstehen!
Papa u. Werner kom̄ en abends mitein=
ander. In Vaihingen erfähr Papa, daß
Möbeltransport jetzt verboten ist. Wie
wird also unser Umzug werden?
Son̄ tag, 19. August.
Den ganzen Tag Regen. Wir bleiben
daheim. Papa ist mit den Moren sehr
�herunter u. wird auch im̄ er mageren. Er
hat fürchtbar viel Arbeit. Montag, 20. August.
Wieder den ganzen Tag staunender
Regen.
Dienstag, 21. Aug.
Mama geht nach Stuttgart zum Zahnarzt.
Werner u. ich bringen unser Sack Ähnen
zu Maurers zum Drechen. Wir haben
Glück: Es wird sofort gedreschen! Ergebnis
82 [1 word illegible] Fruchts!! Wir haben den transportieren
wir nun anschließend in 2 Fahrten die
3 Kisten bei Frl. Krauß u. 1 bei Schlepels in
[page 100]
der Liebenau aufs Schloß. Mittags kön̄ en
wir unsere Frucht gleich in Mehl um=
tauschen. In der Stadtmühle bekom̄ en
wir ⅓ Weiß u. ⅔ „Schwarz“ mehl u. etwas
klein. Hochbeglückt sind wir über das
stolze Ergebnis unserer Mühe! Mama
kom̄ t abends ziemlich geplegt von Zahnarzt
heim. Ich fahre geschwind in die Glashütte
u. anschließend ist Spiel u. Sangabend bei
Wieses. Sehr nett u. lustig. Werner,
Nikola u. Hans-Dieter lernen das Tanzen
u. sind unsere „Karaliert“. Wieses
lassen uns um ½11 Uhr nicht gehen, der
(von Stuni) erwartete Amerikaner kom̄ t nicht
so kön̄ en wir nicht mehr heim, sondern
müssen bei Wieses übernachten. Ich mit
�Anita u. Gerde in 2 Betten.
Mittwoch, 22. August.
Um 9 Uhr Heißmangel. Dan̄ fahren Werner
u. ich noch Plattenhardt u. holen Olgaäpfel
(≈ 40 [1 word illegible]) Nachmittags werden die großen
Kisten geräumt u. geordnet. Wir haben
wieder mal ein Haus!
[page 101]
Don̄ erstag, 23. August
Werner u. ich fahren mit dem Rad nach Stutt=
gart zu Schwenkels. Da bekom̄ en wir von
deren reicher Ernte einen Teil Zwetschgen,
die wir uns selber von Baum pflücken.
Wir treffen Wolfgang u. Hig an, die
von Steibis gekom̄ en sind, wo ja Wolf=
gang (als Laienbrüder !!!!) hingewandert
war u. sich dort verbrgen gehalten hatte, um
der Gefangenschaft zu entgehen. Hildegard
war hinaufgefahren, um ihn zu holen.
Onkel Hans u. Wolfgang spelten Holz, wie
tragen es nach u. müssen auch noch zum
Essen dableiben. Es ist wieder mal recht
nett bei Schwenkels. Ameile ist goldig.
Onkel Hans u. Gertrud sind auch da, wir
sind eine große Tafelrunde. Nachmittags
gehen wir noch zu Papa u. auf’s W Ver=
kehrsamt, erhalten aber wegen des Möbeltransports negativen Bescheid. Ziemlich
müde kom̄ en wir heim u. betätigen uns
�abends beim ...aussteinen [?] u. durch=
treiben.
Freitag, 24. Aug.
Morgens einmachen, putzen, kochen usw. Mittags
Reise Korb vordem, bei Frau Ruck Gemüse holen.
[page 102]
Samstag, 25. August.
Morgens Rad putzen Haushalt. Mittags
Rad utzen. Papa kom̄ t.
Son̄ tag, 26. August.
Papa ist mit den Nernen [?] furchtbar her=
unter. Mittags bei Frl. Essig (mit Anite
u. h. d. Wiese), wo wir Flötenmusik mit
klarinetbegleitung geboten bekom̄ en. Ich muß
Frl. Essig auch an kleiner ablösen, allerdings
nicht rühmlich. – Nach dem Kaffee Wald=
spaziergang mit Familie Gerlach, die ge=
rade uns besuchen wollten u. denen wir
begegneten. Wir finden Pilze.
Montag, 27. August.
6 Uhr früh Start nach Groß-Heppach. Wir
kön̄ en bis Sielmingen auf einen
Lastwagen mitfahren. In Eslingen be=
suchen wir Frau Linder. Nach langem
Schieben u. Herzlicher Abfahrt über dem
Schurwald, kom̄ en wir um ¼11 Uhr nach
Heppach, treffen aber Ellwangers erst um
12 Uhr an. Ihr Sohn Alfred ist zu rückgebehrt.
Wir bekom̄ en schöne Äpfel u. Birnen u.
�[page 103]
fahren mit schwerbegackten Rädern wieder
ab. Der Tag ist sehr heiß. Bei Waiblingen
werden wir 2 Stdn. Durch eine Pan̄ e von
Werner aufgehalten. Dan̄ fahren wir
weiter über Stuttgart-Vaihingen u.
sind endlich um ¼10 Uhr ziemlich, abge=
kämpft daheim.
Dienstag, 28. August.
Morgens Eindünsten von Apfelbrei u.
Birnen. In der Mittags sitze schwitzen wir
zum Hosenhof hinauf u. bekom̄ en dort
von eine netten Frau ¼ [1 word illegible] Kartoffeln,
man kan̄ nämlich sonst gar keine Kaufen.
Wir helfen ihr auch auf dem Feld etwas.
daheim Haarewaschen, abends nach Glashütte.
Mittwoch, 29. Aug.
Morgens gehen W. U. ich mit Hans-Dieter
u. Nikola ins Holz. Wir sam̄ eln 3 große
Säcke S Tan̄ enzapfen u. finden viele Steinpitze. Große Hitze. Abends kom̄ en Wieses
zu uns. Es ist wieder sehr nett u. lüstig
bei Gesellschaftsspielen u. Tanz. Unsere
„Tanzschüler“ machen fortschritte.
Don̄ erstag, 30. Aug.
Mama u. Werner sind in Stuttgart. Ich
bin allein daheim u. betätige mich morgens
im Haushalt. Aber Mittags nähe ich mir
ein sichthemd.
�[page 104]
Freitag, 31. Aug.
Regnerischer Tag.
Samstag, 1. September
Morgens das übliche Anstehen bei Raich,
Haushalt. Nach dem Essen fährt Werner
nach Vaihingen u. geht mit Papa zu Herr
Schare, um zu sagen, daß Weller anscheinend
im̄ er noch mit unser Wohnung ergreift ist.
Ich gehe in den Wald u. finde in kurzer
Zeit einen großen Korb u. 1 Setz voll der
schönsten Steinpilze. Die werden daheim
gleich gepützt u. in Eindunstgläser gefillt.
Dan̄ holen gehen wir Papa u. Werner entgegen.
Die Vaihinger Wohnung kön̄ en wir
jetzt begiehen, Herr Schare würde uns
die Möbeltransportieren. Papa hat
große Bedenken, aber wir sind sehr für
sofortigen Umzug, damit uns die Woh=
nung nicht wieder hinausgeht. Nach
dem Nachtessen (herlliches Pilzgericht) gehen
Mama u. ich nochmals in die Pilze, um
noch ein paar Gläser zu füllen.
Son̄ tag, 2. Sept.
Nachmittags kom̄ t Rolf Maurer, der
uns auch noch auf der folgende Spa=
[page 105]
ziergang in den Wald begleitet. Dan̄ gehen
wir zu Wieses, um unseren baldigen
�Umzug anzukundigen. Sie bedauren
es wirklich tief, daß wir weggehen.
auch unser Gefühle sind natürlich ge=
mischt, aber es hat viel für sich, wieder
in der Stadt zu sein. –
Und ich weiß jetzt, was ich tun will. Wie
habe ich mich in der letzten Zeit über meinen
Beruf beson̄ en. Medizinstudium hat für ein
Frau wenig Aussicht, Apothekarin mag ich
nicht werden. Mama hat mir sehr lange
gesagt, ich solle aufs höhere Lehramt studieren,
aber Lehrerin wollte ich halt doch nicht recht
sein. Aber nun sagte auch Papa, ich solle
doch Biologie, Geographie u. Leibesübungen
studieren u. das hat nun bei mir ein=
geschlagen, das sind die Fächer, die mir
liegen. Nun will ich mir einmal das
vornehmen, ab es zum Studium könt, ist ja noch
alles unsicher. Aber ich bin jetzt froh.
Montag, 3. September.
Werner fährt nachmittags nach Stuttgart
u. Vaihingen u. kom̄ t abends mit der
Nachricht, daß Herr Schare morgen abend
mit einen Lastwagen voll Sachen
hinüberfährt. Wir packen nun noch den
[page 106]
Ganzen Abend Eingemachtes usw.
Dienstag, 4. Sept.
Großes Räumen u. Packen, Einkaufen.
�Abends kom̄ t die ga Familie Schare u.
Sage mit dem Lastwagen. In Eile
wird mit Hilfe von Nikola, HansDieter u. noch einem Man̄ geladen
u. dan̄ fahren Papa, W. U. ich mit
hinüber nach Vaihingen u. laden,
schon in der Nacht ab. x Die Wohnung
ist sehr schön u. Schare’s sind sehr
nette Leute. Was werden wir in
dieser neuen Heimat alles erleben?
Mittwoch, 5. September.
Morgens fahren wir nach Echterdingen
u. laufen mit 3 Waschkörben nach
Waldenbuch. Nun wird der Anfänger
geladen u. alles vollends gepackt, daß
avebds der Lastwagen bloß nach schnell
aufgeladen zu werden braucht. Wir
machen noch einen Abschiedsbesuch
bei Wieses, denen unser Weggehen ehrlich
x Zum Schluß heut sich Papa noch stark den
Kopf an ein Dächle, daß wir um 10 Uhr noch
zum Arzt müssen. Zum Glück muß aber die
Wunde nicht gemäßt werden.
[page 107]
sehr leid treff. Aber wir werden einander
nicht untreu. – Abends warten wir
vergeblich auf den Wagen u. müssen
noch einmal in Waldenbuch übernachten. Bei
�Schalls sind wir noch zu Pilzen eingeladen.
W. u. ich schlafen auf d. Boden. In der
Nacht bekom̄ t Papa, der schon den ganzen
Tag sehr erregt war, fürchtbar Angstzu=
stände, depressionen, es ist ganz schrecklich.
Werner muß im ½2 Uhr Dr. Gerlach holen.
Papa wird es wieder leichter. Ein paar
Stunde ist Dr. Gerlach da u. Papa kan̄ uns
alles sagen über seinen Zustan. Dr. Ger=
lach ist sehr nett. Eine unverpestliche Nacht. - er sieht alles schwarz. Don̄ erstag, 6. Sept.
Nachdem wir um 5 Uhr ins Bett gekom̄ en
waren, kom̄ t wieder Erwarten um 6 Uhr
Herr Schare mit dem Wagen! In Win=
deseile wird mit Hilfe von Schalls usw.
H Neff geladen, Nikola fährt mit nach
Vaihingen zum Abladen. Es regnet zwar
Aber alles geht doch sehr gut u. schnell.
Anfänglich herrscht das Khaos, über bald
lichtet sich das u. unsere Wohnung ver=
spricht sehr schön u. gemütlich zu werden,
wen̄ erst die Möbel von Großsachsenheim
kom̄ en, wir langen haben u. Wahringe
hängen. Sonsts kön̄ en wir alle gut
schlafen!
[page 108]
Freitag, 7. Sept.
Papa geht wieder ins Amt. Wir sind
wieder mit Räumen, Ordnen und
�Putzen beschäftigt. S Ich kaufe Brot
u. Milch. Werner fährt mittags nach
Waldenbuch u. holt sein Rad. Mama
will wegen Papa zu Dr. Metzger, richts
ihn aber nicht an.
Samstag, 8. September.
Ich fahre morgens in die Stadt zu Laher
wegen Gemüse, kaufe ein Buch für Anite
u. gehe ins Kaufhaus „für alle“, wo es
allerhand gibt (z.B. Kloginsel!). Onkel Alfred
kom̄ t geschwind mit dem Bescheid, daß er
Dr. Metzger nicht erreichen kon̄ te.
Son̄ tag, 9. Sept.
Trotz des Umzugs erleben wir einen
ruhigen Son̄ tag daheim. Die Wohnung
ist jezt schon recht gemütlich.
Montag, 10. Sept.
Mama geht morgens zu Tante Martha,
Werner geht aufs Rathaus u. Arbeits=
Amt, ich besorge den Haushalt u. gehe
[page 109]
Auch aufs Arbeitsamt, im mir ein Meldekarte zu holen. Werber nuttags ub der Stadt,
Dienstag, 11. September
Mama mit Papa bei Nervenarzt Dr. Gundert. Papa darf 4-6 Wochen nicht mehr ins
Amt. W. U. ich dichten abends für Anite.
Mittwoch, 12. Sept.
W. u. ich fahren mittags nach Waldenbuch.
�Anite hat Geburtstag. Nachdem wir unseren
Sachen erledigt haben, kon̄en wir auch noch
zur Feier. Dr. Gerlachs, Wahls, Frl. Essig u.
Frl. Reichle sind da. Wir machen Spiele. Abends
„Milchfenster“. ½10 Uhr daheim.
Don̄ erstag, 13. Sept.
Morgens Äpfel-Einkauf bei Layfer. Mittags
daheim. Papa im Bett. Seine Gemütsstimmung ist nicht gut.
Freitag, 14. Sept.
W. u. ich mittags in Groß-Heppach. Wir
treffen Ellmangers auf dem Acker. Bekommen 60 [1 word illegible] Äpfel, trauben. Auf der heimfahrt
Panne. Abends Papa gut.
Samstag, 15. Sept.
Morgens Haushalt Gemüseanstehen.
Nachmittags kom̄ t Tante Martha. W. U. ich
fahren mit ihr hinunter nach Stgt. U. holen
Apfelhändle aus D. Seestraße.
Son̄ tag, 16. Sept.
Vormittags Besuch v. Wilfried Schleichen.
Nachmittags daheim. Nuhen.
[page 110]
Montag, 17. Sept.
Ich gehe mit Papa nach Deckenpfron̄ wegen
Kartoffeln. Mit S Herr Schare fahren wir bis
Gärtringen u. laufen vollens 6 km nach D.
Zu unserem Schrecken sehen wir, daß der
Ort nach bei von der Besetzung ⅔ zerstört wurde.
�Auch Ernst’s Haus ist weg. Er wohnt bei
Vermendten. Aber Kartoffeln kön̄ en wir
Haben. Auf dem Rückweg müssen wir
bis Böblingen laufen weil kein Auto
hält. Treffen Lotte [?] Puth. vvon Böblingen fahrt
auf Kiesgeladenen Bulldoggenhunger.
W. an diesem Tag in Waldenbuch, Kartoffeln
herausmachen. Nafzerin!!
Dienstag, 18. Sept.
W. in der Handelsschule, Nenographiekurs.
Ich morgens u. mitags in Stuttgart, beides
mal wollte ich wegen Papa zu Dr. Metzger,
traf ihn aber nicht. Besuch bei Anne Storz,
Treffen Frau Schmitt.
Mittwoch, 19. Sept.
Mittags melden auf dem Arbeitsamt.
Don̄ erstag, 20. Sept.
Vormittags in D. Seestraße, EinmachGläser holen. Nachmittags in Waldenbuch
Milchreise. Papa ganz schlecht.
[page 111]
Freitag, 21. Sept.
Eltenmorgens im Bett. Mittags richten
Wir Mais mit Familie Schare.
Samstag, 22. Sept.
Am Montag sollen die Möbel aus GroßSachsenheim geholt werden, deshalb fahren
W. u. ich mit den Rädern hin um das verZubereiten. Bei Frau Merz u. Frau Dr.
�Metzger. Mittagessen b. Frau Merz: ApfelKuchen u. Sußmost!! Frau Merz besorgt uns
Kartoffeln u. Obst. Auf d. Heimfahrt Apfelkauf.
Son̄ tag, 23. Sept.
Werner u. ich fahren morgens mit den
Rädern nach Deckenpfron̄ u. kunden dort
Abholen der Kartoffeln f. Freitag an. Bekom=
men Mehl u. Brot. [1 word illegible]. Zum
Essen wieder daheim. Papa schlecht, ich gehe
mittags mit ihm zu Dr. Metzger, Dr. Gundert, Onkel Alfreds. Er soll nun ins Bürgerspital kom̄ en.
Montag, 24. Sept.
Herr Schare kan̄ nicht nach Groß-Sachsenheim
fahren, der Wagen läuft nicht recht. W. fährt
hin. Wir gehen nun mit Papa zu Dr. Gundert u. bringen ihn ins Bürgerspital in
die Nervenklinik. Wir gehen sehr betrält
zu Schwenkels u. zu Frau Bäuerle.
[page 112]
Dienstag, 25. Sept.
Morgens daheim. Nachmittags haben W.
u. ich auf dem Mägele Bett u. Tischaus
der Seestraße. Mama bei Papa.
Mittwoch, 26. Sept.
W. u. ich holen M mittags Holz im Wald.
Mama im Bürgerspital. Papa ordentlich.
Don̄ erstag, 27. Sept.
�Kalt u. regnerisch. Morgens daheim u. einkaufen. Mittags Säcke nähen. W. Holt
Glas in der Seestraße.
Freitag, 28. Sept.
Nachmittags gehe ich mit Mama nach
Waldenbuch. Bei Wieses, Schalls und
Milchholen. Rückfahrt im fast leeren
Zug. Werner holt mit Herr Schare, (er
auch seine holt) Kartoffeln aus Deckenpfron̄ .
Ernsts bekom̄ en von uns ein Bett! Er
bringt 12 [1 word illegible]! Abends nach Abladen.
Samstag, 29. Sept.
Werner fährt vormittags mit dem Rad
nach Deckenpfron̄ u. bringt die Säcke zurück
kom̄ t sehr erfolgerich mit Brot, Mehl, Butter
Schmaltz!! Zurück.
[page 113]
Son̄ tag, 30. September.
Nachmittags sind Onkel Alfreds zum
Kaffee da.
Montag, 1. Oktober.
Werner fährt nach Heidenheim, um nach
den Möbeln zu sehen. Ich gehe morgens in
die Stadt (zi Herr Mack wegen der Schule usw.)
Mittags mit Mama im Wald leine Holzsam̄ eln.
Dienstag, 2. Okt.
Morgens Wäsche. In der Stadt bei Renner [?]
wegen Fahrradreisen. Mittags Holz brechen,
Buschele machen; bügeln.
�Mittwoch, 3. Okt.
Morgens bügeln. Mittags kom̄ t Werner mit
den Rad von Heidenheim zurück. Er hatte
mit den Möbeln umziehen helfen.
Gegen Abend mit Frau Schare in Vaihingen
- Filderkan̄ t holden.
Don̄ erstag, 4. Okt.
Uberraschend kom̄ t Morgens Tante Erika! Sie
hatte die Besetzungs in Ostereich bei ihrer Schwie=
gertochter und Enkelkind erlebt u. hatte bis jetzt
keine Ausreiseerlaubnis bekom̄ en.
Mittags fahren Werner u. ich nach Groß-Heppach.
Wir bekom̄ en 120 [1 word illegible] Äpfel. Weil wir kein Auto
bekom̄ em, transportieren wir alles auf den Rädern!
Ein Schlauch! Wir kom̄ en spät heim.
[page 114]
Freitag, 5. Oktober.
Vormittags Haushalt, dan̄ besuche ich Anne Stoz
in ihren B... [?] Tübingerstraße. Wir treffen Helga
flecherd. Am Son̄ tag soll Zusammenkunst in
Zuffenhausen bei Brig. Wolt sein! - Dan̄ hole ich
in der Seestraße mein Rad, das wir am morgen
Tag dortsie gebracht hatten, um mit den Rädern
heim fahren zu können. Mittags Äpfel u. Kartoffel
richten u. unterbringen. Besuch v. Treibers u. Herr
Röffler. Abends mit Werner Milchholen in Waldenbuch. Wir kom̄ en spät heim.
Samstag, 6. Okt.
Morgens Haushalt. Mittags allein daheim.
�Mama im Krankenhaus. Bugeln, Nähen usw.
Besuch von Tante Martha. Werner in Rutesheim bei Frau Artmann.
Son̄ tag, 7. Okt.
Vormittags daheim. Werner macht Tanzstun=
denbesuch. Nachmittags Klassenzusam̄ enkunft bei Brigitte Walt. Sehr nett. Aus Storz,
H. Elethald, Lotte Puth, Rose Gährum, Lore Krämer,
U. U Häuserman̄ , Freutsch [?] sind da. Eifriges
Erzählen!
Abends fülle ich meinen Fragebagen für mein
Einsetzung als Schulhelferin aus.
[page 115]
Montag, 8. Okt.
Vormittags fährt Mama nach Heidenheim ab.
Ich gehe zu Papa, bei dem es aber schlecht ist.
Nachmittags mit Werner Holzholen im Wald.
Dienstag, 9. Okt.
Morgens Haushalt. Lebensmittelkarten holen.
In Stuttgart bei Herr Meck, der mich zur Volksschule schickt. In der Seestraße parken W. U. ich
einen Wagen mit Kartoffelständer u. Kraustände
v. a. Dingen u. ziehen ihn 3. Std. lang nach
Vaihingen. Dan̄ besuch ich noch Papa.
Mittwoch, 10. Okt.
Morgens Bezirks schulamt (niemand da) und
Sparkasse. Mama kom̄ t von Heidenheim zurück.
Mittags fahren W. U. ich wegen Holtztransport
nach Waldenbuch – vergeblich. Milch. ½10 zurück.
�Don̄ erstag, 11. Okt.
Morgens Haushalt. Mittags zu Schulrat Sie=
ber. Ich kan̄ in Vaihingen an der Schule an=
gestellt werden, wen̄ man mich dort brauchen kann.
Mittags Keller richten. Schares machen Sußmost ein.
Wir helfe u. bekom̄ en auch davon. Abends Besuch von
Treibers. Frau Treiber ist Lehrerin an der Österfeldschule!
Freitag, 12. Okt.
Morgens am 8 Uhr l mit Frau Triber bei Herr Kipp,
den Schulleitter der Ostfeldschule. Er kan̄ mich
brauchen - Anstellung gleich am Montag! Mittags bei
Schulrat Sieber – Anstellung als Schulselheim. Mit
Werner nach Waldenbuch. Wieder kein Holztrans
[page 116]
port<. Abend bei Wieses. Paquet da. Übernachten
in Waldenbuch. x Milch famstern.
Samstag, 13. Okt.
Früh aufstehen. Frühstück mit Wieses. Heimfahrt
Mit dem Rad. H. Löffeler da. Er war bei Tante
Cläre in Ravensburg. – Haushalt.x Mittags daheim
abend mit W. Bei Löfflers. Wir holen da Koffer mit
Papas Sachen, den H. Löffler aus Ravensburg
mitgebracht hatte. x Kraut ein, holen f. Son̄ es... [?]
Son̄ tag, 14. Okt.
Vormittags bei Schwenkels, Grosmama den
Mantel aus Ravensburg bringen, dan̄ bei
Papa. Er spricht daurend von der Furchtbaren
Ratastrahle, die uber uns kon̄ en wird. – Frau
Linder besucht Mama. – Mittags daheim.
�Montag, 15. Okt.
Anfang in der Österfeldschule. 2 Stdn. höre ich
Mit 2 anderen Schulhelferin̄ en bei Herr Kipp in
Kl. 7 u. 8 zu, dan̄ soll ich mit Frau Kunst eine
Staffplan machen, auch mittags von 2-4 Uhr. Werner
In Waldenbuch. Anite, Tanzstunde.
Dienstag, 16. Okt.
Morgens habe ich Buben Kl. 8 in Rechnen, dan̄
Wärdehen Kl. 3 Lesen. Lehrerbesprechung. Mittags
ABC-Schutzen Lesen, schreiben. Abends nach
Waldenbuch, Holz laden, am gleichen Abend
nach Heimfahrt mit dem Rad.
[page 117]
Mittwoch, 17. Okt.
Morgens da kom̄ t das Holz aus Waldenbuch. abladen. Vormittags in der Fangelsbachschule. Oberschultet kim̄ ich spricht über Unterreicht an der. 1. Klasse.
Mittags kl. 1. Abends Frau Schum̄ Dr. Anite
wird nach der Tanzstunde von Mac Killop im Ause
abgeholt.
Don̄ erstag, 18. Okt.
Schule. Abends holen Tante Martha u. Ameiren
uns Kraut. Die bringen Quitten.
Freitag, 19. Okt.
Ich hole Mädchen Kl. 7 u 8. 2 Stdn über Wald.
Tiere.
Samstag, 20. Okt.
Kl. 7. U. 8 lesen u. rechnen.
Vom Wahnungsamt aus sollen wir von unsere
�4 Zim̄ ern nach eines vermieten
Son̄ tag, 21. Okt.
Von 7 – 12 Uhr muß die Bevölkerung der ganze
Gegend Dreckhausen megschippen. Nachmittags
beim Kaffee Tante Erica da. Werner u. Anite
kom̄ en von der Tanzstunde. Mac Killop holt Anite ab.
Montag, 22. Okt.
Gegen Abend bei Papa.
Dienstag, 23. Okt.
?
Mittwoch, 24. Okt.
Nachmittags mit Mama in Waldenbuch, bei
Laiblins, Frau Löppler Stadt, Wieses usw. Im Dauerlauf
zum Zug! 5½ l Milch! Heimfahrt.
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Don̄ erstag, 25. Oktober.
Mittags Buben Kl. 5.
Freitag 26. Okt.
Mittags Buben Kl. 5. Abends Anite da. Mac
Killop.
Samstag, 27. Okt.
Um 10 Uhr Schulhelferkurs in der Fangelsbach=
schule. Rechnen Kl. 1 u. Dienstanweisung.
Nachmittags Besuch von Familie Wiese. Alles
sagt da!! Sehr nett.
Son̄ tag, 28. Okt.
Vormittags 7-12 Uhr schippen. Nachmittags Besuch
von Tante Erica u. Rolf. Ich richte mir einen
�Faltenrock.
Montag, 29. Okt.
Letzte Stunde nachmittags lehrerrat. – In der
Schule habe ich noch kein eigene Klasse, sondern
muß im̄ er zu Aushilfe in solche Klassen, wo da
Lehrer weg ist. Die übrigen Stdn. muß ich hospitieren.
Dienstag, 30. Okt.
Morgens Kl. 7 u. 8 Rechnenaufsicht. Kl 1, Kl. 2.
Nachmittags Buben, Kl. 6.
Mittwoch, 31. Okt.
Zuhrien bei Frau Treiber. Kl. 1.3. Stdn.
Mittags u. Abends mit W. In Waldenbuch.
Thaos bei Laichs!! Werner Tanzstundenausflug soll nach Waldenbuch gehen.
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Don̄ erstag, 1. November.
Morgens Kl. 7 u. 8 Mädchen Gedicht lernen u. lesen,
dan̄ Kl. 3 Buben. Mittags Kl. 7 u. 8 Naturkunde u.
Singen. Abends Siefariekonzert im Furtbachhaus.
Hayde, Mozart a-der Violinkonzert, Beethoven Eroica.
Freitag, 2. Nov.
Morgens 2. Stdn. Kl. 5 u. 6 Mädchen, dan̄ heim.
Herringssalat. Mittags Kl. 5 Buben, nicht schön.
Samstag, 3. Nov.
Vormittags Schulhelferkurs in der Hausteigeschule.
Harrer über Rechtschreiben, Rechnen. Psychologie.
Bei Locher. Mittags bei Papa – ordentlich. SchulBücher holen in der Seestraße,
Son̄ tag, 4. Nov.
�Morgens Haushalt. Werners Tanzstunden=
ausflug nach Waldenbuch. Nachmittags wolle
ich Klassenzusam̄ enkunst bei wir halten auch
Frl. Uhland war eingeladen, aber die Postging
zu langsam u. deshalb kam niemand außer
Rose. Trotzdem alles so werkracht war u. ich
sehr enttäuscht, am der es mit Rose auchrecht nett.
Montag, 5. November.
Morgens Kl. 5 Mädchen u. Kl. 1 Buben. Mittags
Kl. 6 Buben. Frau Treiber meistert sie nicht.
Abends nach der Tanzstunden Anite da.
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Dienstag, 6. Nov.
Morgens lehrerrat. Mittags kl. 5 Buben. Abends
mit Werner im Theater. „Angeborg“, Komodie
von Kult Gutz.
Mittwoch, 7. Nov.
Nachmittags Kl. 5 u. Kl 1. Nachmittags Schulhelferkurs. Aufruhr bei Harrer! Kein Bezahlung bis jetzt usw.
Don̄ erstag, 8. Nov.
Morgens u. Mittags Kl. 5. Abends Schreibma=
schinenschriben daheim. (Werner geht ja schon
seit Anfang Oktober in die Handelschule.)
Freitag, 9. Nov.
Ich bekom̄ e endlich eine eigene Klasse!
Klasse 4 Mädchen. Nette Kinder. Mittags Schulhelferbesprechung mit Herr Kipp.
Kalt
Samstag, 10. Nov.
�Nachts schneit es! Morgens Schule. Schulerlisten.
Lehrerrat. Bekom̄ e ich noch ein Klasse? Mittags
daheim. Mama kuche. Schnee.
Son̄ tag, 11. Nov.
Mittags mit Mama im Krankenhaus bei Papa.
Sehr schlecht, Papa im Bett, hat tiefe Depression,
möchte sterben. Lähmung auf der linken Seite.
Geheimblutung? Dan̄ bei Schwenkels.
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Montag, 12. Nov.
Ich bekom̄ e noch kl. 3 Buben. Vor= u. Nachmittags
Schule.
Mittwoch, 14. Nov.
Mittags Schulhelferkurz. Mama kom̄ t ganz
Verzweifelt von Papa, bei den es sehr schlecht ist.
Links ganz gelähmt, nicht bei Bewußtsein.
Ist noch Hoffnung?
Don̄ erstag, 15. Nov.
Werner geht morgens zu Papa, der viel ißt.
Herr Kipp schinkt mich heim. Schlim̄ er Tag.
Mittags mit Mama bei Papa, da viel spricht.
Etwas besser als am gestrigen dach.
Freitag, 16. Nov.
Mittags bei Papa.
Samstag, 17. Nov.
Mittags bei Papa. Zustand sehr ernst.
Son̄ tag, 18. Nov.
Werner morgens bei Schippen. Mittags
alle 3 bei Papa. Onkel Hans u. Tante Martha da.
�Schlecht; kur
Montag, 19 Nov.
Papa sehr schlecht. Herr Sihler u. Tante Martha da.
[page 122]
Dienstag, 20. Nov.
Besuch von Frau Linder. Mittags mit Mama
bei Papa. Tante Martha u. Großmama kom̄ en
auch.
Don̄ erstag, 22. Nov.
Papas Zustand sehr ernst. Wir wissen nicht,
ob wir ihn behalten dürfen. Abends Milchfanster
in Waldenbuch.
M Freitag, 23. Nov.
Werner morgens bei Papa. – Es kommen 2 Herren
von der Militaärregierung wegen Papas Ver=
öffentlichungen. Mittags Mama u. Werner in
Eßlingen. Ich bei Papa. Schluß viel, nicht recht
bei Bewußtsein.
Samstag, 24. Nov.
Morgens frei. Mama im Bett. Werner morgens
im Bürgerspital. Ich mittags mit Mama bei
Papa. Verwirrt, schluß.
Son̄ tag, 25. Nov.
Mittags mit W. bei Papa.
Montag, 26. Nov.
Papa wieder nicht gut.
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Dublin Core
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Title
A name given to the resource
Ernst Stuhlinger Collection
Identifier
An unambiguous reference to the resource within a given context
Ernst Stuhlinger Collection
Description
An account of the resource
Ernst Stuhlinger was born in 1913 in Niederrimbach, Germany, and died in 2008 in Huntsville, AL, USA. Stuhlinger was a German scientist brought to the United States through Operation Paperclip, and like many of his Paperclip peers, he became a naturalized United States citizen in 1955.
Stuhlinger’s accomplishments in both promoting and advancing space travel were many. He worked as a technical consultant with Walt Disney Pictures to create “Man in Space” (1955), “Man and the Moon” (1955), and “Mars and Beyond” (1958). Stuhlinger contributed to the 1958 launch of the Explorer I satellite by inventing a timing device, helped design the solar x-ray telescope used in the Skylab space station, worked on the Apollo Telescope Mount, worked on the initial phases for what would become the Hubble Space Telescope, and authored “Ion Propulsion for Space Flight.”
Stuhlinger served as the Marshall Space Flight Center in Huntsville’s director of the Space Sciences Laboratory from 1960 to 1968, and then as the associate director for science from 1968 to 1975; he retired in 1975.
After retiring, Stuhlinger joined the University of Alabama in Huntsville as an adjunct professor and senior research scientist, and he stayed on for two decades.
Relation
A related resource
<a href="http://libarchstor.uah.edu:8081/repositories/2/resources/91">View the Ernst Stuhlinger Collection finding aid on ArchivesSpace</a>
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Identifier
An unambiguous reference to the resource within a given context
spc_stuh_000015_transcript
Title
A name given to the resource
Transcript of Irmgard Stuhlinger 1944-1945 Journal
Description
An account of the resource
Irmgard Stuhlinger was the wife of Ernst Stuhlinger, a scientist acquired in Operation Paperclip. In this journal she details her daily life starting from her 19th birthday under the rule of the Third Reich, toward the end of the second World War. She touches on topics such as war, post-secondary education, death of family members, the acquisition of housing, and holidays in the latter part of the war.
Temporal Coverage
Temporal characteristics of the resource.
1940-1949
Subject
The topic of the resource
Stuhlinger, Irmgard Lotze
Stuhlinger, Werner
Family
Holidays
World War, 1939-1945--Germany
Germany--History--1933-1945
Stuttgart (Germany)
Type
The nature or genre of the resource
Diaries
Transcripts
Text
Source
A related resource from which the described resource is derived
Ernst Stuhlinger Collection
Box 2
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Creator
An entity primarily responsible for making the resource
Stuhlinger, Irmgard Lotze